WM-Rechte als teures Vergnügen für ARD & ZDF
Verhandlungen mit Kirch sollen bis Ende Mai
abgeschlossen sein
Von Dr. Matthias Kurp, 05.04.2001
Bis Ende Mai wollen
ARD und ZDF mit der Kirch-Gruppe den Vertrag für die Rechte an den Fußball-Weltmeisterschaften
2002 und 2006 unter Dach und Fach bringen. Ein äußerst teures Vergnügen!
ARD-Intendant
Fritz Pleitgen zeigte sich bei der Intendantenkonferenz in Leipzig am 4. April
zuversichtlich, dass nun rasch alle ARD-Organe dem Pakt mit der Kirch-Gruppe zustimmen
würden. Die Juristen, so berichtete er, müssten nur noch mit dem „Feinkamm“
durch das Vertragswerk gehen. Was Pleitgen tunlichst vermied, war eine
detaillierte Aufstellung der Kosten, die das WM-Abenteuer verursachen wird.
Allein für die WM-Rechte 2002 in Japan und Südkorea zahlen ARD und ZDF inklusive Mehrwertsteuer
260,8 Millionen Mark für 24 Spiele. Jedes Match kostet damit knapp 11 Millionen
Mark. Das ist fast so viel wie die kompletten WM-TV-Rechte 1998, die damals nur
für nur 11,6 Millionen Mark zu haben waren.
Während vor allem die Mehrheit der ARD-Intendanten
dem Vertrag mit Kirch nur zustimmen wollte, falls zugleich auch eine Einigung
für die WM 2006 in Deutschland erzielt werde, kam schließlich doch alles
anders. Nach der Intervention der Politiker blieb am Ende doch nur eine Option
für 25 Partien der WM 2006, deren Übertragung etwa 500 Millionen Mark kosten
soll. Gewissheit darüber wird erst 2003 bestehen, wenn Kirch die Fernsehrechte
für die WM im eigenen Land endgültig vergeben will. Immerhin trotzten die
öffentlich-rechtlichen Verhandler Leo Kirch eine Art Strafgebühr für den Fall
ab, dass er sich doch noch für privat-kommerzielle Partner entscheidet. Dann
soll er an ARD und ZDF 100 Millionen Mark überweisen müssen.
Ü
ARD & ZDF verkaufen Kirch Olympia- und EM-Rechte
Um die gewaltigen Summen für die Fußballrechte überhaupt
aufbringen zu können, wollen ARD und ZDF einen Teil der Kaufsumme dadurch
begleichen, dass sie Kirch ihrerseits Sportrechte an den Olympischen Spielen
und Fußball-Europameisterschaften überlassen. So soll Kirchs Pay-TV-Programm Premiere World (2,3
Mio. Abonnenten) Bilder von den Olympischen Winterspielen 2002 und 2006 sowie
von den Sommerspielen 2004 und 2008 übertragen dürfen. Voraussetzung dafür aber
ist noch, dass die European
Broadcasting Union (EBU) diesem Deal zustimmt. Die EBU ist ein Verbund
europäischer Rundfunkanstalten, über den auch die öffentlich-rechtlichen
Programme in Deutschland in den Genuss der Olympia-Rechte gelangen. Das Internationale
Olympische Komitee will dem Rechtetausch nur unter der Bedingung zustimmen,
dass es sich bei den Premiere-Sendungen nicht um exklusive Übertragungen
handelt.
Fürs Pay-TV, so argumentiert das IOC, sei nur
zusätzliche Olympia-Berichterstattung erlaubt, die über den Rahmen des bislang
bei ARD, ZDF und Eurosport
Gezeigten hinaus gehe. Sollten IOC und EBU den Rechtehandel erlauben, müssten
ARD und ZDF für die WM 2002 etwa 10 Millionen Mark weniger an Kirch überweisen.
Allerdings würden zusätzliche Kosten für die Überspielung der Bilder an
Premiere entstehen. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung soll sich der Einspareffekt deshalb am
Ende nur auf etwa 6 Millionen Mark belaufen.
Die EBU ist auch Inhaber der Rechte an den
Fußball-Europameisterschaft 2004. ARD und ZDF haben damit in drei Jahren zu
allen EM-Spielen exklusiven Zugang. Doch auch dieses Privileg scheinen sie nun
verpfänden zu wollen. Der SZ-Fachjournalist Klaus Ott berichtet, als
Gegenleistung für die WM-Rechte 2006 wollten ARD und ZDF zehn der 31
EM-Paarungen 2004 an SAT.1 abtreten. Das Paket soll einen Wert von 65 Millionen
Mark haben. Jedes EM-Spiel würde Kirchs quotenstärkstem Free-TV-Kanal damit
etwa 2 Millionen Mark kosten, also nur etwa ein Zehntel dessen, was ARD und ZDF
für eine WM-Begegnung 2006 zahlen müssten.
Ü
ARD & ZDF müssen Übertragung digital verschlüsseln
Die WM-Verträge zwischen Kirch und den
öffentlich-rechtlichen Anbietern haben noch einen weiteren Pferdefuß: Damit die
Satelliten-Ausstrahlungen der Spiele von ARD und ZDF nicht auch in den
Nachbarländern gratis zu empfangen sind, müssen ARD und ZDF ihre Spiele im
digitalen Satelliten-TV verschlüsseln. Auf diese Weise will Kirch nämlich
gewährleisten, dass auch in England und Frankreich beachtliche Preise für seine
WM-Rechte zu erzielen sind. Betroffen von dieser Regelung wären in Deutschland
automatisch alle Haushalte mit einem digitalen Satellitenempfänger (zur Zeit
etwa eine halbe Million). Um ihrem Grundversorgungsauftrag in Deutschland
nachzukommen, dürfen ARD und ZDF allerdings niemanden vom Empfang ihrer
Sendungen ausschließen. Also müssen sie den betroffenen deutschen Haushalten
gratis eine Technik zur Entschlüsselung zur Verfügung stellen. Die Kosten dafür
werden die ohnehin arg strapazierten WM-Etats von ARD und ZDF also zusätzlich
belasten.