Viel Unterhaltung, wenig Information im TV

Umfangreiche Studie im Auftrag der Landesmedienanstalten

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 06.12.2001

 
 

 

 

 

 

 

 


Mehr Wiederholungen, mehr Werbung, mehr Serien und Shows: Nie waren deutsche Fernsehprogramme so profit- und unterhaltungsorientiert. Das zeigt eine aktuelle Studie.

 

Die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) hat zum dritten Mal die Programme von sechs privat-kommerziellen Anbieter sowie von ARD und ZDF genau untersuchen lassen. Die Ergebnisse sind alarmierend: Deutsche Fernsehprogramme mutieren immer mehr zu reinen Entertainmentkanälen. Statt Vielfalt herrscht Einfalt. Wiederholungen allüberall. Klammert man kurzfristige Wiederholungen (Vortag oder Vorwoche), Fernseh(eigen)werbung und Sponsorhinweise aus, verringerten sechs der acht untersuchten Programme in den vergangenen beiden Jahren ihr originäres Programmangebot. Bei RTL ging die Sendezeit mit Erstsendungen zwischen 1999 und Frühjahr 2001 von 61 Prozent auf knapp 54 Prozent zurück, bei Vox liegt der Anteil sogar lediglich bei 43,9 Prozent. Bei ARD und ZDF macht dieser Bereich hingegen mehr als 80 Prozent aus. (Zur vollständigen Übersicht einfach Pop-up-Grafik anklicken.) Den Spitzenwert für Werbung und Sponsoring mit einem Programmdauer-Anteil von 20,5 Prozent erzielte Anfang 2001 SAT.1, gefolgt von Vox (19,8 Prozent).

Ü Alarmierender Rückgang der Informationssendungen

Die von der GöfaK Medienforschung GmbH (Potsdam) durchgeführte Langzeitanalyse zeigt aber noch weitere bedenkliche Entwicklungen auf. Alarmierend ist vor allem der Rückgang von Sendezeiten mit Informationssendungen. So besteht die Nettosendezeit (ohne Werbung, Trailer, Teleshopping und ähnliches) von RTL 2 und Kabel 1 zu mehr als 90 Prozent aus Unterhaltungsangeboten. Aus Sicht der Landesmedienanstalten entsprechen die Programme damit nicht mehr den Mindestanforderungen für Vollprogramme im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages. Bei RTL, SAT.1, Pro 7 und Vox liegt der Unterhaltungsanteil am Programm zwischen 75 und 80 Prozent. Prof. Dr. Jürgen Weiß, der für die Leitung der Langzeitstudie zuständig ist, urteilte knapp: „Jedes dieser Programme ist primär unterhaltungsorientiert.“

Ü Auch ARD und ZDF senden zu 50 Prozent Unterhaltung

Auch bei ARD und ZDF dominieren mit inzwischen 50 Prozent der Sendezeit die Unterhaltungsangebote, in der Prime Time am Abend sogar zu etwa 60 Prozent. Bei den privatwirtschaftlichen Programmanbietern liegt der Anteil politischer Informationsangebote nur zwischen 0,4 und 1,9 Prozent, bei der Untersuchung vor zwei Jahren waren es noch 1,4 bis 3,4 Prozent. Während aber selbst das Bundesverfassungsgericht RTL & Co. „möglichst massenattraktive Programme“ zugestanden hat, besteht der gesetzliche Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus der so genannten Grundversorgung des Publikums mit Informationen. Dass ARD und ZDF im Frühjahr 2001 während der Prime Time nur noch etwa 15 Prozent des Programms mit politischen Informationen bestritten, scheint in diesem Zusammenhang bedenklich. Seit 1999 ist der Anteil für politische Publizistik im Abendprogramm von ARD und ZDF um ein Viertel zurückgegangen. Der Anteil der Nachrichtensendungen am Gesamtprogramm blieb bei der ARD mit 13,3 Prozent stabil und ist beim ZDF sogar von 11,7 auf 13,9 Prozent gestiegen.

Ü Quiz-Shows bei RTL & Co. immer beliebter

Während mit Ausnahme von RTL in den vergangenen beiden Jahren alle privat-kommerziellen Programmanbieter ihr Angebot an Serien und Spielfilmen abgebaut haben, sind vor allem die billiger zu produzierenden Quiz- und Unterhaltungsshows in der Gunst der Fernsehmacher gestiegen. RTL 2 erreicht in diesem Segment mit 10,8 Prozent den Spitzenwert, gefolgt von Vox (7,8 Prozent) und RTL (6,8 Prozent).

Ü Für das Internet wurde die Studie als ALM-Pressemitteilung und als grafisch aufbereitete Göfak-Kurzfassung dokumentiert.