ARD droht im Fußball-Streit mit Gericht
Bundesliga-Rechtefrage noch immer nicht
geklärt
Von Dr. Matthias Kurp, 26.07.2001
Der Streit um die
Bundesliga-Berichte in der Tagesschau geht weiter. Nachdem die ARD Kirch mit
dem Gericht drohte, reagierte der überraschend mit einem Friedensangebot.
Kaum 24
Stunden vor Beginn des ersten Bundesliga-Spieltages lenkte die Kirch-Gruppe
zumindest für die Tagesschau vom 28. Juli ein: Die ARD darf plötzlich doch noch
Fußballbilder von zwei Spielen in einer Gesamtlänge von 90 Minuten zeigen. Am
Montag, 30. Juli, dann soll weiter verhandelt werden. Zu diesem Kompromiss kam
es, nachdem das Landgericht München seine Entscheidung über einen Eilantrag der
ARD auf den kommenden Dienstag verschoben hatte. Der stellvertretende
ARD-Vorsitzende Peter Voß nannte das Angebot einen "ersten Schritt".
Es sei erfreulich, dass Kirch erstmals zugestanden habe, dass die ARD erst nach
Spielschluss endgültig festlegen könne, über welche Begegnung sie nachrichtlich
in Wort und Bild berichte.
Doch der Reihe nach: Nachdem am 25. Juli alle
Verhandlungen zwischen den ARD-Unterhändlern und Kirchs Sportmanagern in der
Sackgasse landeten, will die ARD
nun Kirchs Sportrechte-Agentur ISPR
per einstweiliger Verfügung dazu zwingen, ihr Bilder für die Tagesschau um 20 Uhr zu überlassen.
Haupt-Streitpunkt ist ein Vertrag zwischen ARD und ISPR, der die ARD noch bis
zum Ende der kommenden Bundesliga-Saison zum Inhaber der Zweitrechte macht.
Doch während früher die Erstrechte bereits in der SAT.1-Sendung ran
zwischen 18.30 und 20 Uhr zur Geltung kamen, beginnt ran in der neuen Spielzeit
erst um 20.15 Uhr, also nach der Tagesschau. Die Kirch-Gruppe steht
allerdings auf dem Standpunkt, die ARD dürfe ihre Rechte erst nach dem Ende von
ran nutzen.
Ü
ARD: "Verhandlungsspielraum ausgeschöpft"
Die ARD-Intendanten wollen Kirch nun mit der
einstweiligen Verfügung, die beim Münchener Landgericht eingereicht wurde,
zwingen, der Tagesschau Spielausschnitte von Topspielen zu überlassen, die von
der ARD selbst nach dem Ende aller Paarungen ausgewählt werden. Kirchs Manager
hingegen wollten der ARD anfangs die Top-Spiele selber diktieren und lenkten
später auch nur insofern ein, als dass die Tagesschau zwar selber die Topspiele
festlegen sollte, dies allerdings bereits vor Anpfiff der Spiele. Die
ARD-Intendanten werteten dies als Eingriff in Rundfunk- und Informationsfreiheit.
"Wir haben unseren ganzen Spielraum ausgeschöpft", kommentierte der
stellvertretende ARD-Vorsitzender Peter Voß und drohte: "Die Gegenseite
zwingt uns nun dazu, im Interesse der Zuschauer und des Bundesliga-Fußballs
unser Recht vor Gericht zu suchen."
Ü
Recht auf Kurzberichterstattung als "ultima ratio"?
Sollte sich die ARD vor dem Münchener Landgericht
nicht durchsetzen, kann sie sich zumindest noch auf das im Rundfunkstaatsvertrag
verbriefte Recht der Kurzberichterstattung berufen. Dann müsste der neue
Ligaverband (Deutsche Fußball-Liga, DFL) gewährleisten, dass ARD-Kamerateams
selbst Bilder machen können, die dann in einer Länge von maximal eineinhalb
Minuten pro Spiel ausgestrahlt werden dürfen. Der WDR hatte aus diesem Grund auch bereits eigene Kamerateams
für die Stadien in Mönchengladbach, Leverkusen und Dortmund angemeldet. Der
Akkreditierungswunsch wurde von den Vereinen jedoch unter Hinweis auf den noch
bestehenden Vertrag zwischen ARD und ISPR abgelehnt.
Aus Sicht des Ligaverbandes, so heißt es, habe die
ARD mit dem Abschluss des ISPR-Vertrages "explizit auf die Wahrnehmung der
Kurzberichterstattung verzichtet". Das Pochen auf das Recht zur
Kurzberichterstattung gilt der ARD, so ihr Sprecher Rüdiger Oppers, noch als
"ultima ratio". Sollte die ARD sich damit allerdings – eventuell gar
vor dem Bundesverfassungsgericht
– juristisch durchsetzen, könnten auch andere TV-Programmanbieter davon
profitieren. Interesse daran hat unter anderen das Nachrichtenprogramm n-tv.
Ü
Hörfunk-Berichterstattung für zwei Jahre gesichert
Um das Verhältnis zum Ligaverband nicht weiter zu
belasten, will die ARD zunächst darauf verzichten, sich den Zugang zu den
Stadien juristisch zu erkämpfen. Immerhin hat man sich inzwischen in Bezug auf
die Hörfunk-Reportagen "friedlich" mit den Bundesliga-Vereinen
einigen können. Erlaubt sind den ARD-Hörfunkwellen je 40 Live-Minuten pro
Spieltag aus der Bundesliga plus 10 Minuten aus der 2. Liga. Neu eingeführt
wird eine zusätzliche Live-Konferenzschaltung am Ende der ersten Halbzeit. Die
neue Regelung gilt zunächst für zwei Jahre, bedeutet allerdings für einige
ARD-Anstalten, dass sie ihre Live-Reportagen einschränken müssen. Negativ
betroffen davon ist vor allem der Bayerische Rundfunk, der parallel zu den Live-Konferenzen
teilweise komplette Spiele live übertragen hatte.