Kirch-Gruppe zu 85 Prozent verkauft

Milliardär Haim Saban sicherte sich auch das riesige Filmarchiv

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 02.04.2003

 
 

 

 

 

 

 

 


Textfeld:  Der US-Investor Haim Saban hat nach der Übernahme der Mehrheit an der ProSiebenSat.1 Media AG nun auch das Sagen beim Filmrechtehandel der ehemaligen Kirch-Gruppe. Grünes Licht für beide Verträge gab der Gläubigerausschuss der Kirch Media am 31. März.

Das Vertragswerk soll mehr als 40.000 Seiten umfassen. Saban erklärte, nun sei sichergestellt, „dass sowohl die Senderkette als auch die Filmbibliothek für eine erfolgreiche Zukunft positioniert werden können“. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Er wird von Branchenkennern auf etwa 2 Milliarden Euro einschließlich der Übernahme von Schulden geschätzt. Beim Filmarchiv der KirchMedia handelt es sich um die größte „Filmothek“ dieser Art außerhalb Hollywoods. Das Filmlager bewahrt Magnetaufzeichnungen und Zelluloid-Streifen von etwa 13.000 Filmen und 3000 Serien auf.

Ü Saban auf der Suche nach weiteren Partnern

Ob und wie Saban das Filmgeschäft in die ProSiebenSat.1 Media AG integrieren wird, ist noch ungewiss. Kirch hatte einen ähnlichen Plan angesichts der drohenden Insolvenz nicht mehr umsetzen können. Unklar bleibt auch, ob Saban weitere Partner an dem Geschäft beteiligen will. Das französische Unternehmen TF 1 hatte zunächst Interesse bekundet, scheint aber inzwischen angesichts von Schulden in Millionen-Höhe kein weiteres Risiko eingehen zu wollen. Die Financial Times berichtete, TF-1-Präsident Patrick Le Lay denke allenfalls über eine Beteiligung von maximal 10 Prozent nach.

Saban könnte das Geld weiterer Investoren gut brauchen. Schließlich muss er die ProSiebenSat.1 Media AG jetzt rasch wieder auf Kurs bringen. Bei Pro Sieben ging das Vorsteuerergebnis 2002 um 21 Prozent auf 206 Millionen Euro zurück, bei Kabel 1 sogar um fast zwei Drittel auf nur noch 12 Millionen Euro. Nicht zuletzt wegen des Irak-Krieges verbuchte die ProSiebenSat.1 Media AG im ersten Quartal 2003 nach eigenen Angaben Umsatzeinbußen “in einstelliger Millionenhöhe“.

Ü 85 Prozent des Kirch-Unternehmens liquidiert

Nach Abwicklung des Saban-Deals bleibt den vier Gläubigerbanken Bayern LB, Commerzbank, HypoVereinsbank und DZ Bank noch eine Vielzahl kleinerer Tochter- und Beteiligungsgesellschaften als Verwertungsmasse. Die Insolvenzspezialisten meldeten, zum Verkauf stünden noch schätzungsweise etwa 15 Prozent der Aktivseite, darunter das Deutsche Sportfernsehen (DSF) und die Sport-Produktionsfirma Plazamedia sowie die Neue Deutsche Filmgesellschaft, die vor allem TV-Filme und -Serien herstellt.

Aus dem Konzern herausgelöst wurden bereits vor dem Saban-Einstieg der 40-Prozent-Anteil am Springer Verlag (von Deutscher Bank ersteigert), das Pay-TV-Programm Premiere (v.a. an Permira) und Kirch Sport (an Infront Sports & Media AG) sowie Beteiligungen an Telecinco (25% als Pfand bei Dresdner Bank) und Constantin Film (21% an Highlight Communications) sowie an der Formel 1 (58% an Gläubiger-Banken). Mit Ausnahme der Deutschen Bank dürfte wohl kaum ein Kreditinstitut das an Kirch verliehene Geld am Ende wiedersehen.

 

Ü Siehe auch Artikel ProSiebenSat.1 Media AG verkauft.

* Quelle: Financial Times Deutschland vom 13.03.2003/eigene Recherchen