ARD
und ZDF werden auch von den olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver und den
Sommerspielen 2012 exklusiv live berichten können. Als Mitglied der
Europäischen Rundfunk-Union (EBU) profitieren sie von einem Vertrag, den der
öffentlich-rechtliche Senderverbund mit dem Internationalen Olympischen Komitee
(IOC) am 18. Juni geschlossen hat. Der deutsche Pay-TV-Programmanbieter
Premiere will die IOC-Entscheidung gerichtlich anfechten.
Bis April hatten im Rahmen einer
europaweiten Ausschreibung zahlreiche Sendergruppen dem IOC in Lausanne
für die europäischen TV-Rechte Angebote unterbreiten können (siehe Artikel Olympisches
Tauziehen um TV-Rechte). Dann zogen sich die olympischen Gralshüter unter
Federführung des deutschen IOC-Vizepräsidenten Dirk Bach zur Beratung zurück.
Schließlich erhielt die Europäische Rundfunk-Union (European Broadcast Union, EBU), die sich
aus 71 öffentlichen Rundfunkunternehmen in fünfzig Ländern zusammensetzt, den
Zuschlag. Der
Vertrag deckt auch die Rechte für Hörfunk, Multimedia, Internet oder
Mobilfunk-Dienste ab. Ausnahme bleibt vorerst die RAI in Italien, die sich zunächst nicht am
EBU-Paket beteiligte. Die EBU hatte in der Vergangenheit die Fernsehrechte für alle
Olympischen Spiele seit 1960 inne. Über den Austragungsort der Sommerspiele 2012 wird
Mitte 2005 durch das IOC entschieden. Als Kandidaten sind nach dem Ausscheiden
von Leipzig noch London, Madrid, Moskau, New York und Paris im Rennen.
Ü
IOC will 840 Millionen Dollar kassieren
Nach
Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erwartet das IOC für die
Vergabe der europäischen TV-Rechte einen Gesamtpreis unter Einschluss von Italien
von mindestens 840 Millionen Dollar. Zum Vergleich: Für
die US-Rechte der Spiele 2010/12 muss der TV-Konzern NBC
zwei Milliarden Dollar zahlen. Die jetzt ausgehandelte Vertragssumme für Europa
(ohne Italien) wird auf etwa 750 Millionen Dollar (600 Mio. Euro) geschätzt,
soll aber erst öffentlich genannt werden, wenn letzte Detailfragen des
Vertragswerkes geklärt sind. Der Anteil von ARD und ZDF
soll bei etwa
150 Millionen Dollar liegen. Für die TV-Rechte an den Olympischen Spiele 2006
und 2008 hatte die EBU etwa 578 Millionen Dollar (510 Mio. Euro) gezahlt, von
denen ungefähr 100 Millionen Dollar aus Deutschland stammten. ZDF-Intendant
Markus Schächter erklärte, die EBU zahle einen Preis, der deutlich unter den
Geboten der privat-kommerziellen Konkurrenz liege: „Entscheidend war am Ende
nicht der Preis, sondern die Qualität der Berichterstattung der
Öffentlich-Rechtlichen.“
Ü
Auch Bilder bei RTL und Sat.-1 möglich
Zu den Bewerbern um die Olympia-Rechte gehörten auch
privatwirtschaftliche Sendergruppen. Für den deutschen Markt hatten Premiere, RTL und die ProSiebenSat.1
Media AG mitgeboten,
europaweit bewarben sich Sportrechteagenturen wie Infront oder Sportfive und Unternehmen des
Medien-Moguls Rupert Murdoch. „Wir haben unser vorrangiges Ziel erreicht, dass
Olympia weiter in ganz Europa frei empfangbar zu sehen sein wird“, nannte
Thomas Bach schließlich den Grund dafür, dass die öffentlich-rechtlichen
Programme den Zuschlag erhielten. Nach Ansicht des IOC werden mit der Vergabe der
Rechte an die EBU die größtmögliche Zuschauerzahl erreicht und die
größtmögliche unverschlüsselte TV-Übertragung der Spiele sichergestellt. Diesem Ziel soll auch eine
Auflage dienen, die eine Abgabe von Sublizenzen für Teile der Spiele an andere
Programmanbieter (z.B. RTL, Sat.1) vorsieht. Voraussetzung dafür aber sei, dass
alle Olympia-Ereignisse im Free-TV zu sehen sein müssten.
Ü
Premiere kündigt Klage gegen IOC an
Premiere-Geschäftsführer Georg
Kofler kündigte „auf nationaler und europäischer Ebene alle Rechtsmittel“ an,
um gegen die IOC-Entscheidung vorzugehen und klagte über ein „intransparentes
und unfaires Verfahren". Das Angebot von Premiere sah 4000 Stunden live
auf 19 Kanälen vor und sollte zum umfangreichsten Olympia-Programm in der
Geschichte der Spiele werden. WDR-Intendant Fritz
Pleitgen, der zugleich EBU-Vizepräsident ist, kommentierte, bei den Verhandlungen sei es nicht
nur um Finanzen, sondern auch um programmliche Leistungen gegangen: „Hier war
die EBU eindeutig im Vorteil gegenüber der kommerziellen Konkurrenz. Die
öffentlich-rechtlichen Sender konnten darauf verweisen, dass sie sich auch
zwischen den Spielen um die olympischen Disziplinen wie Leichtathletik,
Schwimmen und nordische Wettkämpfe kümmern.“