Der US-Konzern
Time Warner will seinen 50-Prozent-Anteil an n-tv komplett an den Mitgesellschafter
RTL Group verkaufen. Damit würde RTL allein das Ruder beim Nachrichtenkanal
übernehmen, der in diesem Jahr von Berlin nach Köln umsiedelte. Der
Time-Warner-Anteil an n-tv wird bislang über die Tochtergesellschaften CNN und
Turner Broadcasting System (TBS) gehalten.
Jeff Kupsky, Executive Vice
President der CNN-Muttergesellschaft TBS, sagte, CNN und n-tv hätten über die
Jahre ein sehr gut funktionierendes partnerschaftliches Verhältnis gehabt. Die
Verluste des Nachrichtenkanals aber dürften den Amerikanern nicht allzu viel
Freude gemacht haben. Ein Jahr nach der Gründung des ersten deutschen
TV-Nachrichtenkanals hatte sich CNN 1993 an n-tv beteiligt. Seitdem sich die Verlagsgruppe Holtzbrinck vor drei
Jahren von ihrem 25-Prozent-Anteil verabschiedete, besitzen der
US-Nachrichtenkanal und die RTL Group
jeweils fünfzig Prozent der Gesellschafteranteile von n-tv.
Ü
n-tv im Minus, N24 im Plus
Während n-tv-Konkurrent N24 bereits seit einem Jahr profitabel ist, mühte
sich die RTL Group bislang erfolglos um eine Sanierung von n-tv. Durch den
Umzug nach Köln sollen ähnliche Synergie-Effekte entstehen wie beim
Konkurrenten N 24, der für die gesamte ProSiebenSat.1
Media AG als News-Lieferant fungiert. Dass n-tv trotz höherer
Brutto-Werbeerlöse als N24 noch immer Verluste macht, soll vor allem an den
Kosten liegen. Papst-Wahl, Tsunamie und Hurrikans bedeuten nämlich nicht nur
höhere Zuschauer-Marktanteile für die News-Branche, sondern auch mehr Ausgaben
für Korrespondenten, Leitungen und Nachrichtenbilder. Außerdem kostete der
Umzug in das Kölner Digital-Studio etwa zehn Millionen Euro.
n-tv hat nach Angaben von Nielsen Media Research einen Anteil am
deutschen TV-Bruttowerbemarkt von 0,8 Prozent und liegt bei den Zuschauer-Marktanteilen
bei etwa 0,6 Prozent. Zum Vergleich: N24 steigerte seinen
TV-Bruttowerbemarktanteil in diesem Jahr von 0,5 auf 0,7 Prozent und erreicht
ebenfalls etwa 0,6 Prozent Zuschauer-Marktanteil. In der werberelevanten
Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen liegt N24 mit 0,8 Prozent allerdings vor n-tv,
das beim jüngeren Publikum nur auf 0,6 Prozent Marktanteil kommt.
Ü
RTL Group plant Synergieeffekte
Seit dem Werbe-Boomjahr 2000
sind die Netto-Werbeerlöse von n-tv um etwa zwei Drittel zurückgegangen und
konnten erst 2004 (4 siehe
Grafik) wieder gesteigert werden. Im vergangenen Jahr entstand ein Verlust im
„niedrigen zweistelligen Millionen-Bereich“ und auch in diesem Jahr ist die
Gewinnzone nach Angaben des Unternehmens noch nicht in Sicht. Vielmehr wird
intern mit einem Minus im „niedrigen einstelligen Millionen-Bereich“ gerechnet.
Konkurrent N24 hingegen verzeichnete 2004 ein Vorsteuerergebnis von 1,8
Millionen Euro und 2,5 Prozent Umsatzrendite. In diesem Jahr soll das
N24-Ergebnis noch besser ausfallen. Während n-tv noch immer etwa 200
Mitarbeiter hat, beschäftigt N24 etwa ein Viertel weniger.
Sollten KEK und Bundeskartellamt – wie erwartet –
der RTL Group die komplette Übernahme von n-tv erlauben, dürfte in Köln eine
Zusammenlegung der RTL-News-Zentrale mit dem neuen volldigitalisierten
n-tv-Sendezentrum bevorstehen. Anke Schäferkordt, neue Chefin der deutschen
RTL-Senderfamilie, erklärte, die Übernahme gebe n-tv den „nötigen
Handlungsspielraum“. Änderungen am Programm seien nicht geplant. Zum Kaufpreis
machten die Beteiligten keine Angaben. Branchen-Experten schätzen, dass die RTL
Group etwa 50 bis 100 Millionen Euro an CNN überweisen muss, um n-tv komplett
zu übernehmen. Turner
Broadcasting will sich in Zukunft in Deutschland ganz auf CNN konzentrieren
und auf Unterhaltungsangebote wie das bei Kabel 1 ausgestrahlte
Zeichentrickprogramm von Cartoon Networks. Im zweiten Quartal 2006 soll auf der
Pay-TV-Plattform der Kabel Deutschland
GmbH (ca. 300.000 Abonnenten) der Kinderkanal Boomerang gestartet werden.