Digitaler Hörfunk steckt in der Klemme

DAB ist vom Durchbruch weit entfernt

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 22.05.2001

 
 

 

 

 

 

 

 


Spätestens 2015 soll der digitale Hörfunk-Standard DAB das analoge UKW-System ablösen. Doch die Resonanz auf die neue Technik ist gering, die digitale Wende fraglich.

 

Digital Audio Broadcasting (DAB) gibt es in Deutschland im Rahmen von Pilotprojekten bereits seit etwa sechs Jahren, vor zwei Jahren ging das System in einigen Bundesländern schließlich in den Regelbetrieb. Trotz der oft beschworenen Vorteile von verbesserter Klangqualität, störungsfreiem Empfang und möglichen visuellen Zusatzdiensten konnten im vergangenen Jahr nur ungefähr 10.000 DAB-Endgeräte verkauft werden.

Was also fehlt, um dem einst von der Europäischen Union mit 81 Millionen Mark geförderten Prestige-Projekt Eureka 147/DAB zum Erfolg zu verhelfen? Es fehlt an allem: am flächendeckenden Sendernetz, an Endgeräten und auch am Programm. Zwar haben die ARD-Anstalten aus ihrem Gebührentopf 258 Millionen Mark für den Ausbau eines bundesweiten Sendernetzes zur Verfügung (11 Pfennig pro Gebührenzahler und Monat) und könnten über weitere 82 Millionen Mark Kredite aufnehmen, doch in vielen Bundesländern fehlt der rechte Glaube an die neue Technik. So beschlossen etwa die norddeutschen Bundesländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern, bis zum Jahr 2003 vorerst nichts zu unternehmen. Dann aber sollte nach den Plänen der Initiative Digitaler Rundfunk (IDR) eigentlich bereits darüber entschieden werden, wann genau die Ultrakurzwelle (UKW) zugunsten von DAB komplett abgeschaltet werden soll. Dieser Zeitplan scheint nun utopisch.

Ü Unterschiedliche Strategien in den Bundesländern

Lediglich in Bayern wird noch mit Hochdruck an der Einführung von DAB gearbeitet. Dort fand bereits 1999 der Übergang zum Regelbetrieb statt und wird seitdem das Sendernetz systematisch ausgebaut. Dafür haben der Bayerische Rundfunk (BR) und die für privatwirtschaftlichen Rundfunk zuständige Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) eine eigene Gesellschaft gegründet. Anderswo – etwa in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt oder auch in Hessen – hat sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk vorerst aus DAB zurückgezogen. Prompt kommt per Presseerklärung aus der BLM Kritik: „Anders als der technisch innovative BR setzen einige ARD-Anstalten die für die DAB-Einführung bereitgestellten Rundfunkgebühren nicht ein, verzögern damit die Entwicklung und steigern so die Anlaufkosten für private und öffentlich-rechtliche DAB-Hörfunkprogramme“, ließ BLM-Präsident Ring zornig verkünden.

Ohne schnelle flächendeckende Versorgung haben die Kunden wenig von den neuen DAB-Empfangsgeräten, die zurzeit noch mindestens 600-800 Mark kosten. Ohne potenzielle Hörer wiederum lohnt sich für die Programmanbieter die Ausstrahlung von DAB-Programmen nicht. Mangelnde Empfangbarkeit und fehlende Programmvielfalt schließlich sind kaum geeignet, um neue Hörer zu gewinnen. DAB krankt bereits seit Jahren an dieser Henne-Ei-Problematik. Ein Nachteil ist außerdem, dass es an Frequenzen für die neue Technik fehlt. Pro Bundesland steht meist nur ein leistungsstarker 1,5 MHz-Frequenzblock (meist Fernsehkanal 12) zur Verfügung. Mit den vorhandenen analogen Endgeräten sind die neuen Angebote nicht zu empfangen, und bei den bislang vorhandenen DAB-Empfängern ist das Umschalten zwischen analogem und digitalem Empfang meist problematisch, so dass günstige Übergangsszenarien von der alten zur neuen Technologie fehlen.

Ü Neue Marketing-Offensive soll DAB-Durchbruch bringen

Um dem digitalen Hörfunk aus der Klemme zu helfen, haben sich alle Verantwortlichen im Frühjahr zur Initiative Marketing Digital Radio (IMDR) zusammengeschlossen. Diese Task Force soll Maßnahmen öffentlicher und privatwirtschaftlicher Unternehmen bündeln und dazu beitragen, dass aus dem in der Öffentlichkeit kaum bekannten Kürzel DAB ein massenattraktives Produkt wird, das nicht nur mit Bier oder der Direkt Anlage Bank verwechselt wird. Handel, Gerätehersteller und Sendebetreiber wollen bis 2003 insgesamt 28 Millionen Mark in eine Werbekampagne (Motto: „Be prepared“)investieren. Bei einer Pressekonferenz Anfang Mai in München wurde angekündigt, schon bald seien überall DAB-Geräte in allen Preisklassen zu erhalten. Bislang aber bieten Hersteller wie Grundig oder Blaupunkt vor allem DAB-Autoradios an. In Zukunft aber sollen verstärkt kleine portable Geräte und PC-Einsteckkarten vermarktet werden.