Der Anteil der Internetnutzer in Deutschland hat erstmals die 50-Prozent-Marke überschritten. Im Mai und Juni gaben 53,5 Prozent aller Deutschen an, gelegentlich Online-Angebote zu nutzen. 51,5 Prozent hatten dies sogar innerhalb der vergangenen vier Wochen gemacht. Das geht aus der neuen Online-Studie 2003 von ARD und ZDF hervor.

Seit 1997 geben Deutschlands öffentlich-rechtliche Programmanbieter einmal pro Jahr eine eigene repräsentative Befragung über das Online-Nutzungsverhalten in Auftrag. Aus der jüngsten Studie geht hervor, dass im zweiten Quartal 34,4 Millionen Personen ab 14 Jahren in Deutschland zur Gruppe der Internetnutzer zählten. Um mehr über das Verhalten und die Motive der deutschen Online-Gemeinde zu erfahren, führte das Wiesbadener Institut ENIGMA GfK mehr als tausend Telefon-Interviews durch.

Im vergangenen Jahr noch hatte der Anteil der Internet-User in Deutschland bei 44,1 Prozent (28.3 Millionen) gelegen. Das bedeutet ein Wachstum um 22 Prozent. Das Ergebnis erstaunt um so mehr, als die Verbreitung des Mediums Internet in den beiden Jahren zuvor etwas abzuflauen schien und das Wachstum zum Beispiel von 2001 bis 2002 nur 14 Prozent betrug. Die durchschnittliche Verweildauer der deutschen Gesamtbevölkerung im Netz ist 2003 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 10 Minuten auf 45 Minuten angestiegen, macht aber nur etwa ein Fünftel der TV-Nutzungsdauer aus. Werden nur die Rezipienten mit Internet-Zugang berücksichtigt, beträgt die durchschnittliche Verweildauer pro Tag immerhin bereits 138 Minuten.

 

Ü WWW auf dem Weg zum Massenmedium

 

Besonders groß ist der Anteil der Online-Rezipienten bei den jüngeren Generationen. So gaben in der Gruppe der 14- bis 19-Jährigen nur noch 13 Prozent der Befragten an, in den vergangenen vier Wochen nicht das Internet genutzt zu haben. Genau umgekehrt sieht das Verhältnis bei den mehr als 60-jährigen Befragten aus, bei denen der Anteil der „Offliner“ bei 87 Prozent liegt. Dass sich aber selbst in dieser Gruppe die Zahl der Online-Nutzer im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt hat, scheint die Entwicklung des World Wide Web zum echten Massenmedium zu kennzeichnen. „Viele ehemalige Offliner scheinen zunehmend den Mehrwert des Internets zu erkennen, was auf spezifische Internetangebote und vor allem auf die verstärkte Thematisierung dieser Internetangebote in den Medien zurückzuführen sein könnte“, mutmaßen die Autoren der ARD/ZDF-Online-Studie. Wie sehr das World Wide Web in immer mehr Haushalten zum Alltagsmedium geworden ist, zeigt der Ort des Online-Zugangs, der bei 41 Prozent der Internet-User inzwischen sowohl am Arbeitsplatz als auch in der eigenen Wohnung vorhanden ist. 87 Prozent aller Internetnutzer verfügen zu Hause über PC samt Modem oder digitalem Datenanschluss.

 

Ü Habitualisiertes Verhalten im Cyber Space

 

Zu den Inhalten den Mediums Internet, die dem Publikum unmittelbaren ökonomischen Mehrwert versprechen, gehören Kunden-Portale, Preisvergleiche, Online-Auktionen und -Shopping, aber auch Download-Möglichkeiten für Musik- oder Film-Dateien. Mittelbar geht es um den Zugang zu Informationen, Unterhaltung oder anderen Formen der Kommunikation. Während die Nutzerzahl des Internet ebenso stetig steigt wie die Summe der vernetzten Seiten im Netz (bereits mehr als 12 Milliarden!), wenden sich immer mehr User immer weniger Seiten zu. An die Stelle ziellosen Suchens tritt immer mehr das Aufsuchen einiger weniger fester Adressen im WWW. „Im Durchschnitt suchen die Nutzer pro Sitzung fünf Seiten auf, im Vorjahr lag der Durchschnitt bei sechs Websites“, beschreiben die Autoren der ARD/ZDF-Online-Studie das zunehmend habitualisierte Verhalten im Internet. Dafür spricht auch, dass fast zwei Drittel aller User die vom jeweiligen Provider voreingestellte Startseite nicht wechseln, um eine eigene zu wählen. Zur zentralen Startseite für Online-Recherchen haben sich längst Suchmaschinen entwickelt. 71 Prozent der Befragten nannte dieses Sprungbrett als Ausgangspunkt für die Suche nach speziellen Inhalten.

 

Ü Normalisierung der Nutzungsgewohnheiten

 

Bei den Online-Nutzungsformen, die von E-Mails über zielloses Surfen und zielgerichtete Rezeption bis hin zum E-Commerce reichen, wurden 2002 sämtliche Anwendungsbereiche mit Ausnahme der Online-Auktionen weniger häufig gewählt als im Vorjahr. Da zugleich aber die Verweildauer gestiegen ist, spricht dies für eine Ende der Experimentierphase bei den meisten Usern. Beliebteste Applikation bleibt die eigene Mailbox, die von 73 Prozent der Befragten mindestens einmal pro Woche angeklickt wird. Etwa die Hälfte der Online-Nutzer sucht einmal wöchentlich mehr oder weniger zielgerichtet nach Informationen im Netz. Jeweils etwa ein Drittel benötigt das WWW Woche für Woche mindestens ein Mal für Homebanking oder Datei-Downloads.

Trotz aller technischen Konvergenz von PC und TV lässt sich eine Konvergenz der Nutzung noch kaum feststellen. Zwar gab bei der ENIGMA-GfK-Befragung fast die Hälfte der Interviewten, die zu Hause über einen Online-Anschluss verfügten, an, dass im Raum mit dem PC auch ein Fernseher stehe, nur ein Drittel dieser Gruppe aber nutzt die beiden Geräte parallel. In den meisten Fällen geschieht dies nur gelegentlich. Der Anteil derer, die angeben, häufig Internet-PC und TV zugleich eingeschaltet zu haben, ist 2003 gegenüber dem Vorjahr sogar von 16 auf 11 Prozent zurückgegangen. Auf die Frage, ob die Online-Nutzung zu weniger TV-Konsum führe, antworteten hingegen 31 Prozent der Befragten mit Ja.

 

Ü Eine ausführliche Dokumentation der ARD/ZDF-Online-Studie finden Sie in der Zeitschriften Media Perspektiven 8/2003, eine kürzere Fassung auch beim Online-Angebot des Bayerischen Rundfunks.