Wer zahlt wem was fürs Kabel-TV
Bundeskartellamt soll Wettbewerbsmodell
überprüfen
Von Dr. Matthias Kurp, 22.09.2000
Das
Bundeskartellamt prüft auf Antrag von ARD und ZDF, wer wem wieviel für die
Einspeisung der Programme ins TV-Kabelnetz zahlen muss. Die Telekom verlangt
fast fünf Millionen Mark pro Programm, ARD und ZDF fordern ihrerseits
mindestens 80 Mio. Mark.
Hintergrund
des Streits ist die Tatsache, dass die Telekom den öffentlich-rechtlichen
Anbietern keinen Sonderstatus mehr gewähren will. Während die
privat-kommerzielle Konkurrenz seit Anfang der 90er Jahre so genannte
Durchleitungsentgelte für die Einspeisung ins Telekom-Kabel zahlen muss, sind
ARD und ZDF davon bislang verschont geblieben. Doch vor anderthalb Jahren
entschied die Regulierungsbehörde
für Telekommunikation und Post, dass bei der Einspeisung alle Anbieter von
TV-Programmen gleich behandelt werden müssten.
Der Preis für die Einspeisung ins TV-Kabelnetz der Deutschen Telekom AG ist in den
vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gestiegen. Anfang der 90er Jahre lag er
mit etwa 1 Million Mark noch weit unter den tatsächlichen Kosten und kam einer
staatlichen Subventionierung des Free-TV gleich. Spätestens seit dem
Telekom-Börsengang aber mühte sich der ehemalige Fernmelde-Monopolist um eine
größere Rentabilität im Kabel-Geschäft. Trotzdem machte die Telekom noch 1998 etwa
600 Millionen Mark Verlust mit dem Kabelnetz und konnte erst im vergangenen
Jahr einen Gewinn erzielen. Grund dafür waren unter anderem die gestiegenen
Entgelte von RTL, SAT.1 & Co., die inzwischen bei einer bundesweiten
Einspeisung etwa 4,5 Mio. Mark betragen.
Ü
Streit um Geschäfts- und Wettbewerbsmodell
Außer polemischen Bemerkungen von VPRT-Präsident Doetz oder Ex-RTL-Chef Thoma war in Sachen
Kritik von den privat-kommerziellen Anbietern bislang wenig zu hören. Fast
schien es, als wolle sich niemand mit dem technischen Dienstleister Telekom
anlegen. Doch seit die Telekom mit ihrem Pay-TV-Angebot „Media Vision“ auch
selbst zum Programmanbieter mutierte, wird der Protest lauter. ARD und ZDF
könnten jetzt dafür sorgen, dass – ähnlich wie in den USA – nicht etwa die
Programmanbieter, sondern die Netzbetreiber für die Verbreitung von Programmen
via Fernsehkabel zahlen müssen.
Gegen den Bescheid der RegTP und die Berechnung des
Einspeisungsentgeltes durch die Telekom hatten die öffentlich-rechtlichen
Anbieter zunächst Klage vor dem Kölner Verwaltungsgericht eingereicht. Das
Verfahren ist noch nicht entschieden. Parallel gingen ARD und ZDF jetzt in die
Offensive und reklamieren 80 bis 93 Millionen Mark jährlich dafür, dass sie der
Telekom TV-Inhalte überlassen, deren Urheberrechte bei den
öffentlich-rechtlichen Anstalten liegen.
Ü
Bundeskartellamt und Landesmedienanstalten
Sollte das Bundeskartellamt dieser Argumentation
folgen, wären auch die privatwirtschaftlichen TV-Anbieter Nutznießer und
könnten von Kabelnetzbetreibern zukünftig Geld verlangen. Anders als in den USA
aber dürfen in Deutschland die Kabelnetzbetreiber nicht frei wählen, was ins
TV-Kabel eingespeist werden soll. Darüber entscheiden – im analogen TV ganz
alleine und beim Digital-TV teilweise – die Landesmedienanstalten.