Die Kabel Deutschland GmbH (KDG) will am 2. April in allen Bundesländern mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen (Ish), Baden-Württemberg (Kabel BW), und Hessen (iesy) ein eigenes Digital-Angebot starten. Im Rahmen einer Euroforum-Jahrestagung kündigte KDG-Geschäftsführer Christof Wahl am 11. Februar den „Softlaunch“ eines digitalen Programmpaketes an, das außer den digitalen Kanälen von ARD und ZDF auch etwa 24 privatwirtschaftliche Free-TV-Programme, das Premiere-Bouquet „Start“, neue Spartenkanäle sowie digitale Hörfunk-Musikkanäle bieten soll.
Nach Angaben von Wahl
verhandelt die Kabel Deutschland GmbH
zurzeit noch mit kommerziellen TV-Programmanbietern wie der RTL Group über die konkreten
Einspeisekonditionen. Der Start des Programmpaketes im April aber sei dadurch
nicht gefährdet, berichtete Wahl bei der Euroforum-Tagung
„Die Zukunft der Kabel-TV-Netze“ in Köln. Den Namen des neuen Angebotes, sein
genauer Umfang und die Art zusätzlicher Spartenkanäle will die KDG erst im März
präsentieren. Dann soll auch der genaue Preis genannt werden, zu dem Haushalte
in den von KDG versorgten Bundesländern das neue digitale Angebot beziehen
können.
Ü Zusatz-Kosten für die Haushalte
Wahl erklärte,
sein Unternehmen wolle den Kunden einmalig etwa 50 bis 60 Euro für den Wechsel
in die digitale Programmwelt berechnen. Darin enthalten sei der Zugang zu etwa
zwei Dutzend – bislang analog ausgestrahlten – kommerziellen Free-TV-Kanälen
sowie zum kompletten digitalen Angebot von ARD
und ZDF. Wer darüber hinaus in den Genuss des
Zusatzpaketes mit Premiere „Start“, von 47 digitalen Hörfunkangeboten und fünf
neuer Spartenkanäle – voraussichtlich zwei Entertainmentprogramme, ein Sport-,
ein Kinder- und ein Fictionprogramm – kommen wolle, müsse zusätzlich pro Monat
etwa 6 bis 8 Euro zahlen.
Die Kabel Deutschland GmbH hat im März 2003 die TV-Kabelnetze in 13 von 16 Bundesländern übernommen und inzwischen auch Interesse am Erwerb der Netzbetreiber Ish (Nordrhein-Westfalen), Kabel BW (Baden-Württemberg) und Iesy (Hessen) signalisiert. Im kommenden September will KDG sein digitales Bouquet um ein großes Basispaket vergrößern, das dann für monatlich zusätzliche 10 bis 12 Euro etwa zwanzig weitere Spartenkanäle bieten soll.
Ü Decoder ohne MHP-Standard
Voraussetzung für den Empfang der neuen digitalen KDG-Angebote ist eine Set-Top-Box, die für weniger als hundert Euro zu haben sein soll. Ein entsprechendes Lizenzabkommen hat KDG bereits mit der Firma Pace abgeschlossen. Etwa zwanzig weitere Hersteller würden demnächst folgen, kündigte Christof Wahl an und betonte, sein Unternehmen wolle einen offenen Decoder-Markt initiieren und keine proprietäre Lösung. Die KDG-Decoder bieten zwar einen Electronic Programm Guide (EPG), entsprechen aber nicht dem MHP-Standard (Multimedia Home Platform), sondern basieren auf der weniger interaktiv einsetzbaren (und kostengünstigeren) Alternative Micro-HTML. Bei der Verschlüsselung setzt Kabel Deutschland weiterhin auf Nagravison. Das System wurde bereits im vergangenen Herbst zum KDG-Standard und wird auch von Premiere eingesetzt.
Ü Kein schneller Switch-off geplant
Hatte der KDG-Vorstandssprecher Roland
Steindorf im vergangenen Jahr angekündigt, nach dem Start in die digitale Ära
würden pro Jahr etwa fünf analog ausgestrahlte TV-Programme aus den Kabelnetzen
seines Unternehmens verschwinden, sicherte Wahl jetzt zu, eine Abschaltung
einzelner analoger Angebote sei vorerst nicht geplant. KDG scheint sich
inzwischen also auf eine längere Parallelausstrahlung (Simulcast) von
Free-TV-Kanälen auf analogem und digitalem Weg einzurichten. Mit der
Strategieänderung dürfte KDG vor allem bei den Landesmedienanstalten auf große
Gegenliebe stoßen. Ausdrücklich betonte Christof Wahl bei seinem Vortrag in
Köln auch, dass sein Unternehmen zwar zum „Vermarkter eines digitalen Kiosk“
avancieren werde, aber keine eigenen Inhalte erstellen wolle. Das hatte vor
zwei Jahren Liberty Media angestrebt und war wegen drohender Marktbeherrschung
bei seinem Versuch, das TV-Kabelnetz zu übernehmen, am Veto der Kartellbehörden
gescheitert.