Das Hollywood-Filmstudio Metro-Goldwyn-Mayer soll von einem Konsortium unter Führung von Sony übernommen werden. Damit geht auch das letzte große bislang unabhängige Major-Studio in den Besitz eines global tätigen Konzerns der Unterhaltungsindustrie über. Im Bieter-Wettbewerb konnte Sony mit fast fünf Milliarden Dollar Kaufsumme den weltweit größten Medienkonzern Time Warner ausstechen.

Wichtiger als die aktuellen Produktionen sind die enormen Archive von Metro-Goldwyn-Mayer (MGM). Sony erhält durch die Übernahme Zugriff auf etwa 4.100 Kinofilme, die mit ungefähr 200 Oscars ausgezeichnet wurden. Hinzu kommen zirka 10.000 Fernsehfilme oder Folgen von TV-Serien. Zum MGM-Bestand zählen Filmklassiker wie „Ben Hur“, „Casablanca“ oder „James Bond“ ebenso wie „Der rosarote Panther“. Zusammen mit den eigenen 3500 Kino- oder Fernsehfilmen, die Sony 1989 durch den Kauf der Columbia Studios (3,4 Milliarden Dollar) erwarb, verfügt der japanische Konzern jetzt über die größte Filmbibliothek der Welt und über etwa 40 Prozent aller je in Hollywood produzierten Filme. Der riesige Fundus soll in Zukunft systematisch über Fernsehkanäle und Kabelnetze, über Internet und DVDs ausgewertet werden.

 

 

Ü Kerkorian kaufte und verkaufte

Metro-Goldwyn-Mayer war 1924 aus der Fusion zwischen Metro Pictures, Goldwyn Pictures und der Firma des Regisseurs Louis B. Mayer entstanden. Vier Jahre später brüllte erstmals der berühmte MGM-Löwe im Wappen des Firmenlogos. In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts erwirtschaftete MGM fast so viel Gewinn wie alle anderen Hollywood-Studios zusammen.1969 übernahm der US-Milliardär Kirk Kerkorian die Mehrheit an MGM, verkaufte seine Beteiligung aber 1986 wieder an den CNN-Gründer Ted Turner. Als dieser wenig später in Geldnot geriet, nahm Kerkorian seine MGM-Anteile zurück und veräußerte sie 1990 zum zweiten Mal, diesmal an den dubiosen Italiener Giancarlo Parretti. Nach Parettis Pleite ging MGM 1996 erneut in den Besitz von Kerkorian über, der dafür gemeinsam mit dem australischen TV-Programmanbieter Seven Network 1,3 Mrd. Dollar zahlte.

Textfeld: MGM-Chronik

1924: Metro-Goldwyn-Mayer entsteht aus der Fusion zwischen Metro Pictures, Goldwyn Pictures und der Firma des Regisseurs Louis B. Mayer, der MGM Chef wird. 
1939: "Der Zauberer von Oz" und "Vom Winde verweht" erscheinen.
1959: "Ben Hur" wird ein Riesenerfolg und bekommt elf Oscars.
1962: United Artists bringen "Dr. No" heraus, den ersten James-Bond-Film.
1969: Kirk Kerkorian kauft für 85 Mio. $ eine 55-Prozent-Mehrheit an MGM. 
1973: United Artists übernehmen den Vertrieb von MGM.
1981: Kerkorian kauft das bankrotte Filmstudio United Artists und gliedert es in MGM ein.
1986: Kerkorian verkauft MGM/United Artists für 1,45 Mrd. Dollar an Ted Turner, dieser verkauft es ihm teilweise zurück. MGMs Übernahmeversuch von Universal Pictures scheitert.
1990: Kerkorian verkauft zum zweiten Mal, diesmal an den Italiener Giancarlo Parretti. Die 1,27 Mrd. $ Kaufpreis für das damals mit 400 Mio. $ verschuldete Studio kommen von europäischen Banken (v.a. Credit Lyonnais). 
1992: Parretti ist pleite und muss ins Gefängnis. Credit Lyonnais übernimmt die Kontrolle bei MGM. Die Bank verliert laut MGM-Bilanz in vier Jahren 3,7 Mrd. $. 
1996: Kerkorian kauft MGM für 1,3 Mrd. $ zurück. Er selbst bringt 650 Mio. $ auf, der Rest kommt vom australischen TV-Sender Seven Network und weiteren Investoren. 
2001 bis 2003: Nach gescheiterten Expansionsbemühungen stellt Kerkorian das Studio mehrmals zum Verkauf. Da seine Preisvorstellungen nie erfüllt werden, behält er seine Aktien.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


In den vergangenen drei Jahren machte Metro-Goldwyn-Mayer etwa eine Dreiviertel Milliarde Dollar Nettoverlust, weshalb Kerkorian (87) erneut einen Käufer suchte. Allein 2003 betrug der Nettoverlust bei 1,83 Mrd. Dollar Umsatz 161,8 Mio. Dollar (2002: 142 Mio. Dollar). Sony will gemeinsam mit den drei Investmenthäusern Providence Equity Partners, Texas Pacific Group und DLJ Merchant Banking 3 Mrd. Dollar in bar zahlen (zwölf Dollar pro Aktie). Inklusive der übernommenen Schulden beträgt der Transaktionswert etwa 4,9 Milliarden Dollar. Time Warner hatte maximal 4,6 Milliarden Dollar zahlen wollen. Bezogen auf das Eigenkapital zahlt das Sony-Konsortium das 23-fach des für die Zeit von 2006 bis 2009 erwarteten freien Cashflows.

Ü Output-Deal mit Kabelriese Comcast

Die Auktion hatte bereits im Februar begonnen. Innerhalb des Konsortiums soll Providence mit 450 Mio. Dollar am meisten investieren. Sony und Texas Pacific zahlen je 300 Mio. Dollar, die Handelsbank DLJ, die zur schweizerischen CSFB gehört, 250 Mio. Dollar. Der Rest des Kaufpreises soll von Drittinvestoren kommen, die von der Bank JP Morgan gefunden werden sollen. Von dem gezahlten Kaufpreis dürfte Kerkorian, der mit 74 Prozent größter MGM-Altgesellschafter ist, etwa 2 Milliarden Dollar (pro Aktie zwölf Dollar in bar) erhalten. Vor der endgültigen Übertragung der Anteile müssen allerdings noch die MGM-Aufsichtsgremien zustimmen.

Parallel zu der Übernahme hat der US-Kabelnetzbetreiber Comcast den neuen Investoren eine Abnahmegarantie in Höhe von 300 Mio. Dollar für Filme unterschrieben, die dem MGM-Konsortium künftig Erlöse sichern. Comcast ist mit 21 Millionen angeschlossenen Haushalten vor Time Warner in den USA Kabel-Marktführer, litt bislang aber daran, kaum zugkräftige Filme im Angebot zu haben. deshalb hatte das Unternehmen in diesem Jahr auch versucht, die Walt Disney Company für etwa 54 Milliarden Dollar zu übernehmen, scheiterte dabei aber. MGM und Comcast vereinbarten nun die Gründung neuer Kabelsender.

Ü MGM-Produktion auf Sparflamme?

Sony war bereits 1989 in das Geschäft mit Hollywood-Filmen eingestiegen und hatte für 3,4 Milliarden Dollar die Studios von Columbia Pictures und Tristar übernommen. Der Kauf von MGM scheint Teil der neuen Unternehmensstrategie von Sony-Chef Nobuyuki Idei zu sein, Synergien zwischen Hardware-Produkten der Unterhaltungselektronik und Musik, Filmen und Spielen zu unterstützen. Deshalb fusionierte im Juli auch Sony Music mit der Bertelsmann Music Group (BMG) zu Sony BMG (4 siehe Artikel EU gibt grünes Licht für Sony BMG). Die Konsequenz waren unter anderem Stellenstreichungen. Diese dürften nun auch MGM drohen. Experten erwarten, dass Sony die MGM-Produktion mit Ausnahme von neuen Folgen mit James Bond und einer Neuauflage des rosaroten Panthers schließen wird.

Ob die US-Kartellbehörden dem Verkauf zustimmen, wird sich erst in einigen Monaten klären. Bis dahin muss sich das Sony-Konsortium auch die Finanzierung sichern, für die größtenteils die Fonds zuständig sein sollen, von denen die Kaufsumme durch Anlegergelder und Kredite beschafft werden muss.