Stoiber will neue Medienordnung

Forderungskatalog bei Münchener Medientagen präsentiert

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 07.11.2000

 
 

 

 

 

 

 

 


Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) will den gesamten Ordnungsrahmen des elektronischen Medienbereichs in Deutschland auf den Prüfstand stellen. Das forderte er in seiner programmatischen Eröffnungsrede bei den Münchener Medientagen.

 

Geht es nach dem CSU-Ministerpräsidenten, dann darf sich der privat-kommerzielle Rundfunk auf weitere Liberalisierung freuen. Die Aufgaben von ARD und ZDF aber will Edmund Stoiber in einer Art Pflichtenheft enumerativ festlegen. Am 6. November forderte Stoiber in München, „den Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch konkreter zu definieren“. Dabei wünscht er sich einen präzise formulierten Aufgabenkatalog, der über die vier Grundbegriffe Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung hinaus gehen soll. Ein öffentlich-rechtliches Engagement im Internet müsse allerdings auf den programmbezogenen Bereich beschränkt bleiben. Eine deutliche Absage erteilte Stoiber einer Lockerung der Werbevorschriften für ARD und ZDF. Weder mehr Werbung noch eine Aufhebung der 20-Uhr-Grenze mochte der Ministerpräsident akzeptieren.

Während Edmund Stoiber bei den Medientagen München in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk strenge Richtlinien einforderte, plädierte er für eine weitere Liberalisierung der TV-Werbung privat-kommerzieller Anbieter. Die derzeit gültige Einschränkung der Werbezeit solle dabei zugunsten weniger notwendiger Grundsätze abgeschafft werden. Lediglich die Trennung von Werbung und Programm, die Kennzeichnung von Werbung sowie das Verbot von Schleichwerbung nannte Stoiber als unverrückbare ordnungspolitische Schranken. Für die Novellierung des Bayerischen Mediengesetzes kündigte er deshalb auch gleich an, die zeitlichen Begrenzungen für TV-Werbung von lokalen Fernsehveranstaltern „so weit wie nach der EU-Fernsehrichtlinie zulässig“ aufzuheben.

Völlig neu ist Stoibers Modell des Jugendschutzes. Dabei forderte er einen rechtlichen Rahmen, der für alle elektronischen Medien, also für Rundfunk, Medien- und Teledienste, einheitlich gelte und dessen Einhaltung von nur noch einer staatlichen Instanz überwacht werden soll. Zurzeit fallen nur Rundfunk und Mediendienste in die Kompetenz der Länder, während die Teledienste vom Bund kontrolliert werden. Unter der – wenig wahrscheinlichen – Voraussetzung, dass der Bund seine Regelungskompetenz zurücknimmt, könnten die Länder einen einheitlichen Regelungs- und Kontrollrahmen schaffen, führte Stoiber aus. Er könne es sich durchaus vorstellen, dass eine solche Stelle bei den Landesmedienanstalten gebildet wird. Die von den Jugendministerien der Länder gegründete Initiative jugendschutz.net soll dabei in die neue Institution integriert werden. Vorrang vor staatlicher Kontrolle aber müsse in jedem Fall eine funktionierende Selbstkontrolle der Anbieter haben. Stoiber sprach von einer Lösung, „die die grundsätzliche Nachrangigkeit der staatlichen Aufsicht gegenüber effektiven Selbstkontrollmechanismen festlegt“.