Streit um Urheberechtsgesetz spitzt sich zu

Umstrittene Mindesthonorare für Journalisten, Fotografen etc.

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 19.09.2001

 
 

 

 

 

 

 

 


Der Streit um ein neues Urheberrechtsgesetz eskaliert. Bundesjustizministerin und Medienwirtschaft gehen beim Streit um angemessene Vergütungen auf Konfrontationskurs.

 

Mit der Nutzung von Urheberrechten werden in Deutschland inzwischen mehr als 8 Prozent des deutschen Bruttosozialproduktes erwirtschaftet. 36 Jahre nach dem Erlass des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) vom 9. September 1965 hat sich die Bundesregierung nun Großes vorgenommen: Mit dem am 30. Mai beschlossenen Regierungsentwurf sollen endlich Mindesthonorare für Journalisten, Fotografen und andere Urheber von medial vermarktbaren Produkten festgelegt werden. Betroffen sind vor allem mehr als 200.000 Selbständige in Kultur- und Medienberufen. Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin (SPD) will ihren Entwurf noch in diesem Jahr vom Bundestag beschließen lassen.

Viele Medienschaffende hoffen auf angemessenere Vergütungen, doch die Medienwirtschaft wehrt sich. Mit einer massiven PR-Kampagne versuchen vor allem der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. Stimmung gegen das geplante Urheberrechtsgesetz zu machen. Unterstützt werden sie dabei vom Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) sowie von ARD und ZDF. Alle gemeinsam wollen verhindern, für Texte, Töne und Bilder in Zukunft mehr zahlen zu müssen. Der Begriff der „angemessenen Vergütung“ wird mehr und mehr zum Zankapfel.

Ü Gegenwart: Medienunternehmen diktieren Honorarbedingungen

Bei den Honorarverhandlungen beispielsweise zwischen Autoren und Medienunternehmen diktieren bislang meist die Verlage die Entlohnung. Was juristisch unter den Begriff der Vertragsfreiheit fällt, kommt aber in den meisten Fällen einem Diktat der Honorare und Nutzungsrechte durch die Medienanbieter gleich. In der Regel müssen freie Autoren nicht nur die vorgegebenen Zeilensätze akzeptieren, sondern den Verlagen auch eine räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkte Nutzung ihrer Werke einräumen. Meist sichern sich die Unternehmen sogar die Befugnis, überlassene Rechte an Dritte zu übertragen. Das könnte bald anders werden: Der Gesetzentwurf des Justizministeriums sieht nämlich einen gesetzlichen Anspruch auf eine „nach Art und Umfang des Werknutzung angemessene Vergütung“ vor (§ 32 UrhG).

Ü Zukunft: Urheber- und Verwerterverbände handeln Regeln aus

Weil der Gesetzgeber sich selbst nicht in der Lage sieht, für die vielfältigen Nutzungsarten konkrete Vertragskonditionen festzuschreiben, soll das neue Verfahren zur Festlegung gerechter Honorare wie folgt geregelt werden: Um festzulegen, was eine angemessene Vergütung ist, müssen Urheber- und Verwerterverbände gemeinsame Vergütungsregeln aufstellen (§ 36 UrhG). Gelingt den Tarifpartnern dabei keine Einigung, kann ein Schiedsgericht angerufen werden, dessen Spruch gegebenenfalls durch ein Oberlandesgericht überprüfbar ist. Paragraf 32 sieht darüber hinaus sogar vor, dass auch rückwirkend für Nutzungsformen der vergangenen zwanzig Jahre noch Nachforderungen durchgesetzt werden können. Auch Zweit- und Drittnutzer sollen zukünftig zahlen müssen.

Während die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und auch der Deutsche Journalistenverband den neuen Urheberecht-Gesetzentwurf loben, warnen die Medienunternehmen im Rahmen ihrer Anzeigenkampagne, die neue Regelung würde eine Kostenlawine auslösen, die am Ende die freien Autoren selbst treffen könnte. Schließlich seien die Verlage angesichts der befürchteten steigenden Honorare zu Sparmaßnahmen gezwungen, die viele freie Autoren treffen könnten. „Viele freie Mitarbeiter verlieren ihren Job, was soll daran sozial sein?“ polemisieren die Zeitungsverleger in Anzeigen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels lässt in vielen Geschäften ein Buch mit dem Titel „Nicht erschienen“ auslegen, das nur leere Blätter enthält.