Die US-Medienaufsicht hat erneut die Monopolregeln gelockert. In Zukunft darf ein Unternehmen bis zu 45 Prozent statt – wie bisher – 35 Prozent der Fernsehhaushalte erreichen. Außerdem fällt das Verbot, nach dem Unternehmen auf demselben Markt nicht zugleich eine Zeitung und eine Fernsehstation und auf lokalen und regionalen Märkten maximal drei TV-Stationen besitzen dürfen.

Überkreuzbeteiligungen in mehreren Mediensegmenten (Cross-ownership) waren in den USA 1975 verboten worden. Um die Medienkonzentration einzudämmen, durfte ein Medienkonzern – bis auf wenige Ausnahmefälle – nicht gleichzeitig Tageszeitungen, Kabelnetze, Fernseh- und Hörfunkstationen in einem lokalen Verbreitungsgebiet kontrollieren. Im Fernsehbereich durfte jedes Unternehmen seit 1996 maximal 35 Prozent des nationalen TV-Zuschauermarktes erreichen. Diese Beschränkungen wurden nun am 2. Juni von der US-Regulierungsbehörde für Medien und Telekommunikation, Federal Communications Commission (FCC) aufgehoben.

Ü Medienkonzentration versus Medienvielfalt

Die TV-Marktanteilsgrenze wird nun auf 45 Prozent Reichweite erhöht. Außerdem wurde beschlossen, dass ein Unternehmen statt bislang zwei (Duopol-Regelung) künftig bis zu drei Fernsehstationen (mit ihren jeweiligen Programmen) unterhalten darf sowie bis zu acht Radiostationen und eine Tageszeitung sowie einen Kabelnetzbetreiber. Das Verbot, auf demselben Markt verschiedene Medien, also etwa eine Zeitung und eine Rundfunkstation, zu betreiben, gilt nur noch für kleine Märkte mit höchstens drei Stationen; bei vier bis acht Programmen sind die Möglichkeiten eingeschränkt, ab neun gibt es keine Begrenzungen. Grundsätzlich verboten bleibt lediglich auch weiterhin die Fusion der vier großen TV-Networks ABC, CBS, NBC und Fox, die ihre Programme auch an die etwa 1700 Lokal- und Regionalsender (Affiliates) liefern. Allerdings werden die Networks nun verstärkt versuchen, weitere lokale Stationen dazuzukaufen.

Offiziell trägt das neue FCC-Maßnahmenpaket den Titel „Zweijährige Regulierungsrevision" (Aktenzeichen: 02-277/01-235/01-317/00-244 ). Die Liberalisierung des US-Medienrechts war seit langem erwartet worden. Schließlich zählen drei der fünf FCC-Vorstände zur Republikanischen Partei, die sich seit dem Beginn der Ära Bush die Deregulierung großer Wirtschaftsbereiche auf ihre Fahnen geschrieben hat. So gab der FCC-Vorsitzende Michael Powell, Sohn des US-Außenministers, auch als wesentlichen Grund für die neuen Regeln eine Stimulierung des Wettbewerbs durch die Stärkung werbefinanzierte Fernseh- und Hörfunkprogramme an. Die Revision der 1996 in der Amtszeit von Bill Clinton erlassenen Konzentrationsbeschränkung (Communication Act,4siehe Kasten) kommt vor allem den großen Medienkonzernen zugute, weniger der Medienvielfalt.

Ü Abnehmende Konzentrationskontrolle

Das amerikanische Medienrecht ist seit Gründung der ersten TV-Stationen ständig liberalisiert worden. In den 40-er Jahren noch durfte ein Unternehmen höchstens drei TV-Programme verantworten. 1984 wurde die Grenze auf 12 Kanäle aufgestockt und eine maximale Reichweite von 25 Prozent pro Anbieter festgelegt, 1996 aber zunächst auf 35 Prozent und nun auf 45 Prozent erhöht. Die jüngste Änderung des Grenzwertes war spätestens nach dem Urteil eines Washingtoner Berufungsgerichtes im Februar 2002 erwartet worden. Die Richter hatte damals außer der 35-Prozent-Grenze auch die Eigentumsbeschränkung als wettbewerbsschädlich bezeichnet. Sollte die Reichweitenbegrenzung irgendwann ganz fallen, wäre wohl auch das Network-System vor dem Ende, weil die meisten Affiliates direkt von den großen Konzernen übernommen werden könnten.

Textfeld: 4US-Regulierung Im Rahmen der Novellierung des Federal Communication Act war das US-Medienrecht zuletzt vor sieben Jahren liberalisiert worden. Inhalt des am 1. Februar 1996 von Repräsentantenhaus (mit 414 zu 16 Stimmen) und Senat (mit 91 zu 5 Stimmen) verabschiedeten Gesetzes war vor allem die Aufhebung der bis dato vorgeschriebenen Trennungen sowohl zwischen Telekommunika-tions- und Kabelfernseh-Unter-nehmen als auch zwischen Lokal- und Fernverbindungsverkehr im Telekommunikationsbereich. Außerdem durften sich fortan auch Fernsehketten an Filmstudios beteiligen und wurde die TV-Reichweitenobergrenze auf 35 Prozent angehoben. Die für die Kontrolle zuständige FCC war 1934 in den USA gegründet worden und überwacht sowohl den Medien- als auch den Telekommunikationsmarkt.Zur Durchsetzung seiner Interessen hatte vor allem Rupert Murdoch intensive Lobbyarbeit betrieben. In den vergangenen acht Jahren, so ermittelte das unabhängige Center for Public Integrity nach Angaben des Spiegel, bezahlten Murdoch und andere Medienkonzerne den FCC-Chefs mehr als 2500 „Dienstreisen“. Allein FCC-Chef Powell soll 44 solcher Flüge genutzt haben. Zu Murdochs News Corporation gehören außer dem TV-Geschäft auch die New York Post, das Filmstudio 20th Century Fox sowie der Buchverlag Harper Collins.

Die neuen Bestimmungen setzen jetzt in Recht um, was von den großen Medienunternehmen bereits zuvor an Fakten geschaffen worden war. So erreichte

Murdochs Sendergruppe Fox (Fox, Fox News sowie Kabelkanäle in 34 Städten) ohnehin bereits 38 Prozent aller Haushalte. Konkurrent Viacom kam mit CBS und UPN sowie fast vierzig Lokal-TV-Stationen sogar auf 39 Prozent Reichweite. NBC (General Electric) erzielte zuletzt 34 Prozent und Paxson mit 32 Prozent. Viacom hat bereits angekündigt, an weiteren Lokalstationen Interesse zu haben. Rupert Murdoch hält sich einstweilen noch ein bisschen zurück, nachdem er gerade erst 6,6 Milliarden Dollar in den Kauf des Satellitenbetreibers DirecTV investiert hat.

Ü Protestaktionen ohne Erfolg

Im Vorfeld der FCC-Entscheidung, die Konzentrationskontrolle zu lockern, hatte es eine Reihe von Protestaktionen gegeben, die allerdings scheiterten. Von den 18.000 öffentlichen Stellungnahmen, die bei der FCC eingingen, warnten die meisten vor einem Meinungsoligopol. Eine offizielle Experten-Anhörungen aber fand nicht statt. Selbst der Protest von etwa hundert US-Senatoren und 750.000 Protest-E-Mails konnten die Deregulierung zugunsten der großen Networks und Zeitungskonzerne nicht verhindern. Die Bürgerrechtsbewegung Common Cause kritisierte, die FCC habe nun „einer Handvoll Medienmogulen grünes Licht dafür gegeben, zu kontrollieren, was die amerikanische Öffentlichkeit sieht, hört und liest“.

„Mit den neuen Regeln wäre es mir unmöglich gewesen, CNN ins Leben zu rufen, kritisierte Ted Turner die neuen FCC-Regeln, die den Wettbewerb und die Meinungsfreiheit gefährden würden. Zu den Kritikern der neuen Deregulierung zählt außer Turner auch der New-York-Times-Kolumnist William Safire, der den Medienkonzernen einen „Griff nach der Macht“ vorwarf. Geltung erhalten die neuen Bestimmungen zwar erst, wenn auch der US-Kongress grünes Licht für die Liberalisierung gibt. Davon ist aber angesichts der Mehrheit der Republikaner auszugehen.