Hürden für AOL/Time-Warner/EMI-Fusion
Wettbewerbshüter in Washington und Brüssel
haben große Bedenken
Von Dr. Matthias Kurp, 07.09.2000
Die geplanten
Fusionen von AOL und Time Warner sowie von Time Warner und EMI Group sind bei
den Wettbewerbshütern in Washington und Brüssel auf größere Bedenken als
erwartet gestoßen. Dem weltweit größten Medienkonzern drohen strenge Auflagen.
Die im
Januar vereinbarte Fusion im Wert von 129 Mrd. $ von AOL und Time Warner soll nach
Berichten amerikanischer Zeitungen nur genehmigt werden, wenn AOL/Time Warner
sein Kabelnetz auch für andere Anbieter öffnet. Das ist das erste Ergebnis der
Beratungen der zuständigen Federal
Trade Commission (FTC) in Washington.
AOL und Time Warner kontrollieren in den USA schon
heute etwa 40 Prozent aller Internet-Zugänge. Time Warner unterhält darüber
hinaus nach AT&T das zweitgrößte TV-Kabelnetz und erreicht damit etwa ein
Fünftel aller Haushalte, in New York und Los Angeles sogar etwa die Hälfte.
Über die breitbandigen Leitungen sollen in Zukunft auch Internet-Dienste
angeboten werden. AOL will seinen etwa 27 Millionen Kunden ab Herbst zusätzlich
via Satellit den interaktiven TV-Service AOLTV anbieten und hat sich deshalb im
Juni für etwa 3,25 Milliarden Mark an Hughes´ Satellitenservice beteiligt.
Dabei handelt es sich um ein Tochterunternehmen der General Motors Corp, das
mit dem Angebot DirecTV fast 9 Millionen Kunden erreicht.
Ü
AOL soll Satelliten-Aktivitäten reduzieren
Nach Recherchen der Washington Post will die FCT die
Aktivitäten von AOL im Satellitenbereich nun beschränken und sicher stellen,
dass auch andere Anbieter ohne Einschränkungen Zugang zu den
AOL/Time-Warner-Haushalten erhalten. Problematisch ist aus Sicht der FTC auch,
dass AT&T als Betreiber des größten US-Kabelsystems noch immer an Time
Warner und Time Warner Entertainment beteiligt ist.
Parallel zur FTC hat inzwischen auch die für die
ordnungs- und kommunikationspolitische Kontrolle zuständige Federal Communications Commission
(FCC) eine Prüfung der AOL/Time-Warner-Fusion eingeleitet. Doch während die
FCC-Prüfung erst im nächsten Jahr abgeschlossen sein dürfte, wird mit einer
FTC-Entscheidung schon für den Oktober gerechnet. Zuvor aber will auch ein
Ausschuss des Repräsentantenhauses Ende September noch Gespräche mit AOL-Chef
Steve Case und Time-Warner-Chef Gerald Levin führen.
Ü
EU-Kommission fürchtet Musikmarkt Konzentration
In Europa stößt vor allem die Bildung der neuen EMI
Warner Music auf Bedenken. Der europäische Konsumentenschutzverband BEUC warnte
bereits, die Fusion führe auf dem Musikmarkt zu höheren Preisen, sinkender
Auswahl und weniger Datenschutz. Am 6. September verteidigten Vertreter der
beteiligten Unternehmen ihr Vorhaben in Brüssel bei einer Anhörung der EU-Kommission, die
bereits im Juni ein vertieftes Prüfverfahren eingeleitet hat. Am Tag darauf
fand eine Anhörung zur Fusion AOL/Time Warner statt. Während der Anhörungen
konnten auch Konkurrenzunternehmen, darunter Disney und Universal, ihre
Forderungen und Gegenargumente zu der Fusion darlegen. Die Bertelsmann AG
verzichtete auf eine Stellungnahme.
Bis zur zweiten Septemberhälfte haben AOL, Time
Warner und EMI noch Zeit,
die EU-Wettbewerbshüter davon zu überzeugen, dass ihre Fusionen nicht zu einem
Oligopol im (Internet-)Musikhandel führen. Sollte EMI Warner Music dabei keine
Zugeständnisse in Bezug auf einen diskriminierungsfreien Zugang zur
Internet-Musikplattform machen, könnte die EU ein Veto einlegen. Mit einer
Entscheidung der EU-Kommission wird für den 18. Oktober gerechnet.