Leo Kirch ordnet sein Free-TV-Geschäft neu

Kirch Media soll mit ProSiebenSat.1 Media AG verschmolzen werden

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 07.09.2001

 
 

 

 

 

 

 

 


Leo Kirch will sein Free-TV-Unternehmen KirchMedia mit der ProSiebenSat.1 Media AG verschmelzen. Super-Coup oder Verzweiflungstat?

 

Nach dem Zusammenschluss von Pro Sieben und Sat.1 im vergangenen Jahr zur ProSiebenSat.1Media AG strebt der Münchener Medien-Tycoon Kirch nun einen weiteren Schritt zur Konsolidierung seiner weit verzweigten Unternehmensaktivitäten an. Wochenlang wurde erst dementiert, dann aber am 6. September doch zugegeben: Die KirchMedia GmbH & Co KGaA soll im nächsten Jahr über einen Aktientausch mit der ProSiebenSat.1Media AG verschmolzen werden. Die KirchMedia ist bereits jetzt mit 88,52 Prozent der Stamm- bzw. 52,5 Prozent der Vorzugsaktien wichtigster Aktionär der ProSiebenSat.1Media AG, in der vor allem die Gesellschafteranteile der Programme Sat.1, Pro Sieben, Kabel 1 und N 24 gebündelt sind. In einem ersten Schritt will Kirch bis zum kommenden Frühjahr seine Kommanditgesellschaft KirchMedia in eine börsennotierte Aktiengesellschaft umwandeln, um dann bis zum Juli für die beiden zu verschmelzenden Unternehmen eine Aktiengesellschaft zu gründen. Dabei sollen schließlich die Aktionäre der ProSiebenSat.1Media AG ihre Aktien gegen Beteiligungen am neuen Unternehmen tauschen.

Ü Börsengang als Lösung für Kirchs finanzielle Probleme?

Grund für die Fusion sind nach Konzernangaben Kostensynergien, die Kirchs Vize Dieter Hahn auf einen zwei- bis dreistelligen Millionenbetrag beziffert. Der Zusammenschluss hat für die KirchGruppe aber auch noch einen weiteren Vorteil: Angesichts von Milliarden-Verlusten im Pay-TV-Geschäft mit Premiere World hatte sich Kirch in den vergangenen Jahren frisches Geld durch Beteiligungen von ausländischen Investoren an seiner KirchMedia besorgt. Gleichzeitig aber musste er den neuen Gesellschaftern versprechen, KirchMedia an die Börse zu bringen. Auf diese Art wollten unter anderem Silvio Berlusconi (Beteiligung: 4,76 Prozent) und Rupert Murdoch (2,28 Prozent) später Kasse machen. Wegen der schlechten Lage auf den Aktienmärkten hatte Kirch den Börsengang seines Free-TV-Unternehmens dann aber vorerst auf 2003 verschoben. Viele Analysten kritisierten ohnehin, KirchMedia fehle es für einen Börsengang an der notwendigen Transparenz. Mit der Zusammenführung seiner Unternehmen kann Kirch nun seine Vertragsklausel auf elegante Art erfüllen, ohne viel am KirchMedia-Konglomerat ändern zu müssen.

Gerüchten, Kirch wolle nach der Verschmelzung mit der Bildung des größten deutschen börsenplazierten Unternehmens weiteres Geld durch eine Kapitalerhöhung beschaffen, trat das Unternehmen offiziell entgegen. Viele Aktionäre aber scheinen diesem Versprechen wenig Glauben zu schenken. Der Börsenkurs der ProSiebenSat.1Media AG sank nach der Ad-hoc-Meldung für die Zusammenführung auf deutlich unter 10 Euro und erreichte sein Jahrestief. Viele Kritiker vermuten, die ProSiebenSat.1Media AG habe nach der Fusion unter weniger erfolgreichen Aktivitäten der KirchMedia zu leiden. Zu deren größten Risiken gehören die teuren TV-Rechte für die Fußballweltmeisterschaften, sinkende Gewinne im Handel mit Spielfilmrechten und die Formel-1-Beteiligung.

Ü Verkauft Springer Beteiligung an ProSiebenSat.1Media?

Mit der Verschmelzung von KirchMedia und ProSiebenSat.1Media AG würde Europas zweitgrößter börsennotierter Medienkonzern entstehen - mit einem Umsatz von mehr als 7 Milliarden Mark. Im Rahmen der Fusion soll auch der Axel Springer Verlag seine Beteiligung an der ProSiebenSat.1Media AG (11,48 Prozent des Stammkapitals) für etwa 1,5 Milliarden Mark abgeben. Damit würde Springer eine Option wahrnehmen, die ihm im vergangenen Jahr bei der Schaffung der ProSiebenSat.1Media AG eingeräumt worden war. Damals lagen die Börsenkurse allerdings weit oberhalb des aktuellen Niveaus, so dass Kirch für die Übernahme der Aktien einen Preis hinnehmen muss, der zurzeit etwa ein Drittel über dem Börsenwert liegt. An der 44,33-Prozent-Beteiligung Kirchs am Axel-Springer-Verlag soll sich zunächst „definitiv“ nichts ändern.

Vorstandschef des geplanten Medienriesen soll Kirchs engster Vertrauter Dieter Hahn werden. Für Urs Rohner, der noch Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1Media AG ist, bleibt nur der Posten eines fürs Fernsehgeschäft zuständigen Vorstandsmitglieds. In die neue Aktiengesellschaft müssen unter anderem auch die Presseagentur ddp, das Deutsche Sportfernsehen (DSF), Filmproduktionsunternehmen und Sportrechteagenturen integriert werden. Das alles nämlich gehört zum Stammgeschäft der KirchMedia GmbH & Co. KGaA, deren Umsatz mit 6,5 Milliarden Mark im vergangenen Jahr etwa sechs mal höher lag als der, den die ProSiebenSat.1Media AG auswies. Bei den Erlösen der KirchMedia stammten im Jahr 2000 jedoch etwa zwei Drittel aus der Beteiligung an der ProSiebenSat.1Media AG.