NRW Medien GmbH vor der Auflösung
Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD)
beendet teures Experiment
Von Dr. Matthias Kurp, 24.09.2003
Bereits zwei
Jahre nach ihrer Gründung steht die NRW Medien GmbH vor ihrem Aus. Die
Landesgesellschaft zur Koordinierung der nordrhein-westfälischen
Medien-Förderung soll in den nächsten Monaten wieder aufgelöst werden. Künftig
werden alle medienpolitischen und -ökonomischen Weichenstellungen in
Nordrhein-Westfalen wieder von der Staatskanzlei der Landesregierung aus vorgenommen.
Miriam Meckel, Staatssekretärin für Europa- und Medien-Angelegenheiten in der Düsseldorfer Landesregierung, erklärte am 23. September per Pressemitteilung und in einer Personalversammlung den Beschäftigten der NRW Medien GmbH, ihr Unternehmen solle „in einem überschaubaren Zeitraum“ aufgelöst werden. Grund seien Sparmaßnahmen der Landesregierung. Der Etat der landeseigenen Medien GmbH beträgt für dieses Jahr noch 11,2 Millionen Euro. Für 2004 sind nur noch 7,5 Millionen Euro eingeplant, von denen ein Drittel für Personal und betrieblichen Aufwand bis zur Auflösung der Gesellschaft benötigt werden.
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Kluft zwischen Vision und Wirklichkeit
Die Medien NRW GmbH war am 21 Juni 2001 als hundertprozentige Tochtergesellschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gegründet worden, um Multimedia-Unternehmen an Rhein und Ruhr anzusiedeln oder zu fördern. Dabei hatte sie nach eigenen Angaben den Anspruch, „an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft Kompetenzen zu bündeln und Synergien zu schaffen“. Das jedenfalls wird auf der Homepage der GmbH versprochen. Weiter heißt es: „Unseren Kunden vermitteln wir einen schnellen Zugang zu politischen, wirtschaftlichen und universitären Netzwerken.“
Medien-Staatssekretärin Meckel hatte 2001 – damals war sie zugleich auch noch Regierungssprecherin in Nordrhein-Westfalen– ihre Vision der Medien GmbH zum Auftakt des medienforum nrw in Köln wie folgt beschrieben: „Diese Gesellschaft wird die Medienaktivitäten des Landes Schritt für Schritt bündeln und vernetzen, sie wird marktnah agieren, um auch entsprechend reagieren zu können. Sie wird die vielen – erfolgreichen! – Einzelprojekte der neunziger Jahre evaluieren und in ein Gesamtkonzept überführen. Und sie wird ein Partner für Politik und Wirtschaft, ein Mittler zwischen Regierungshandeln und wirtschaftlichen Aktivitäten sein.“ Doch zwischen Vision und Realität klaffte rasch eine große Lücke. Die Ansiedelungsbilanz des jungen Unternehmens fiel angesichts des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes mager aus. Größtes Projekt des ambitionierten Unternehmens blieb am Ende die Organisation des medienforum nrw, womit das Land als einziger Gesellschafter zugleich wichtigster Kunde wurde.
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Großer Anspruch, geringer Etat
Eigentlich sollte die Medien NRW
GmbH das selbst ernannte Medienland Nordrhein-Westfalen in eine goldene Zukunft
führen. Ursprünglich wollte der ehemalige nordrhein-westfälische
Ministerpräsident Wolfgang Clement sogar etwa eine Viertel Milliarde Mark in
das Unternehmen investieren. Geplant war ein Private-Public-Partnership, an dem
zur Hälfte eine privates Unternehmen beteiligt werden sollte. Für die Übernahme der Mehrheit
am Gesellschafterkapital (50,1 Prozent) war lange die WestLB im Gespräch.
Doch aus Clements Plänen wurde
nichts. Selbst viele SPD-Landtagsabgeordnete hatten davor gewarnt, Teile der
Medien-Strukturpolitik auszulagern und indirekt zu privatisieren. Als außerdem Innen-, Justiz-, Umwelt- und
Kulturministerium für das Projekt von Clement vorgesehene Mittel
verweigerten, wurde die NRW Medien GmbH kleiner als geplant organisiert: Statt der halben Milliarde Mark
Gesellschafterkapital standen für das erste halbe Jahr zunächst einmal weniger
als 2 Millionen Mark zur Verfügung. Langfristig sollte der Etat dann von 50
Millionen Mark auf 250 Millionen Mark erhöht werden. Tatsächlich aber erreichte
das Budget der Landesgesellschaft diese Summe nie. Für 2002 waren im
Landeshaushalt etwa 8 Millionen Euro eingeplant, für 2003 etwa 11,2 Millionen
Euro.
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Spannungen zwischen Meckel und Bauer
Bereits im Frühjahr 2002 war es zu einem Disput
zwischen Miriam Meckel und dem Geschäftsführer der Medien NRW GmbH, Helmut G.
Bauer, gekommen. Das jedenfalls ging aus einer Aktennotiz hervor, die jemand
aus der Staatskanzlei an das Magazin Focus
lanciert hatte. Dabei handelte es sich um eine handgeschriebene Memo-Notiz an
den Chef der Staatskanzlei, Georg Wilhelm Adamowitsch (SPD), mit dem Hinweis,
Meckel hätte darum gebeten, „in einem non-paper zu prüfen, welche Ansprüche
sich ergeben, wenn Helmut G. Bauer vor Ende der Vertragslaufzeit „die Brocken
hinwirft“. Das Verhältnis zwischen Bauer und Meckel galt als problematisch. So
kam Bauers Demission, die er Mitte September 2003 bereits zum Monatsende
ankündigte, auch kaum überraschend. Die Trennung erfolge „in beiderseitigem
Einvernehmen“ hieß es in einer Pressemitteilung der Landesregierung. Nach
Recherchen des Focus soll Bauers Posten mit 180.000 € Jahresgehalt plus 3750 €
monatliche Zuschüsse zur Altersversorgung, mit einem BMW-Dienstwagen samt
Fahrer sowie der Erstattung seiner Telefon- und Internet-Gebühren dotiert
gewesen sein. Der Vertrag galt bis Ende 2006, dennoch will Bauer auf weitere
Ansprüche nach seinem Weggang verzichten.
Zusammen mit Bauer wollen vier weitere Mitarbeiter aus der Medien NRW GmbH ausscheiden. Statt der ursprünglich 28 Stellen sind ab November nur noch 17 besetzt. Erste Stellenstreichungen waren bereits beschlossen worden, nachdem vor einem Jahr Peer Steinbrück (SPD) Clement als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen abgelöst hatte. Deshalb dürfte auch die nun beschlossene Abwicklung des NRW Medien GmbH auf Steinbrücks Drängen zurückzuführen sein. Nach Recherchen der CDU-Opposition im Düsseldorfer Landtag soll die NRW Medien GmbH „mindestens 20 Millionen Euro in den Sand gesetzt“ haben. Um genauere Zahlen zu erfahren, so erklärte der stellvertretender Vorsitzende und medienpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Lothar Hagemann, wolle seine Partei Helmut G. Bauer vor den Untersuchungsausschuss zitieren, der sich zurzeit in Düsseldorf mit angeblichen Unregelmäßigkeiten bei nordrhein-westfälischen Landesgesellschaften beschäftigt.