Zwei Monate nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat die Nachrichtenagentur Deutscher Depeschen Dienst (ddp) einen neuen Investor gefunden. Das angeschlagene Unternehmen wird im Rahmen einer so genannten übertragenden Sanierung von der Arques Industries AG in Starnberg übernommen. Der börsennotierte Finanzinvestor hatte bereits vor zwei Jahren ein Angebot für ddp abgegeben und zuletzt auch beim Investorenpoker um die Frankfurter Rundschau mitgeboten.

Durch die Übernahme hat die Arques Industries AG die materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter und das umfangreiche Bildarchiv der ddp Nachrichtenagentur GmbH erworben sowie 50 Prozent der Anteile am verlustfreien Wirtschaftsdienst ddp.vwd. Gleichzeitig gelang es der Beteiligungsgesellschaft, ddp von allen Schulden und nachteiligen vertraglichen Verpflichtungen zu befreien. Über den Kaufpreis wurde nichts mitgeteilt. Er liege im „niedrigen positiven Bereich“, teilte Arques lediglich mit. Der Geschäftsbetrieb der seit September insolventen ddp Nachrichtenagentur GmbH (4siehe Artikel ddp beantragt Insolvenzverfahren) wird auf die neu gegründete ddp Deutscher Depeschendienst GmbH übertragen. Arques hatte sich bereits 2002 um die ddp-Übernahme bemüht.

Ü Beteiligungsmodell für Mitarbeiter

Von den 153 fest angestellten ddp-Redakteuren sollen etwa hundert weiter beschäftigt werden, die übrigen erhalten für ein halbes Jahr Verträge von einer Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft und sollen als freie Mitarbeiter auch weiterhin für ddp arbeiten können. Auch die etwa 200 freien Journalisten, die für die Agentur recherchieren und schreiben, sollen weiterhin ddp-Aufträge erhalten. Zur Rettung des Unternehmens müssten die Arbeitnehmer auf etwa zwanzig Prozent ihres Gehalts verzichten, teilte der Insolvenzverwalter Christian Köhler-Ma mit. Als Gegenleistung werden über eine eigens gegründete ddp Journalisten-GmbH sämtliche für die ddp arbeitenden Mitarbeiter – auch Nichtjournalisten – mit 49 Prozent am Jahresüberschuss beteiligt. Dieses ddp-Modell ist neu in der Branche.

Textfeld: Ü ddp-Chronik

Der Deutsche Depeschen Dienst war 1971 von deutschen Mitarbeitern der amerikanischen Nachrichtenagentur UPI gegründet worden. Bereits 1983 musste ddp Konkurs anmelden und wurde für eine Übergangszeit vom Geschäftsmann Bolko Hoffman übernommen. 1990 wurde ddp in eine GmbH umgewandelt und übernahm 1992 die ehemalige DDR-Nachrichtenagentur ADN. Gegen die weitaus größere und finanzstärker Deutsche Presseagentur (dpa) hatte ddp aber auch nach der Wiedervereinigung keine Chance. Im September 1998 übernahm Leo Kirchs Pro-Sieben-Gruppe für einen symbolischen Euro das Unternehmen. Allein während der Kirch-Ära stieg das Defizit von 2,6 Millionen Euro im Jahr 1999 bis 2001 auf 9,9 Millionen Euro. Zwischen 1998 und 2003 machte die ProSiebenSat.1 Media AG insgesamt mehr als 20 Millionen Euro Verlust mit dem Agentur-Geschäft und verkaufte ddp rückwirkend zum 1. Juni 2003 auf dem Wege des Management-Buyouts an die Beteiligungsgesellschaft SFG verkaufen, deren Mehrheitsgesellschafter die neuen geschäftsführenden ddp-Gesellschafter Chefredakteur Lutz Schumacher und Vertriebschef Wilfried Hub wurden. Am 7. September 2004 stellte ddp schließlich einen Insolvenzantrag.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Arques habe zugesagt, einen siebenstelligen Betrag in ddp zu investieren, sagte Insolvenzverwalter Köhler-Ma. Neuer ddp-Geschäftsführer ist Martin Vorderwülbecke. „Sein Anliegen ist es nicht nur, das bestehende Angebot zu erhalten, sondern auch die Informationsdichte zu erhöhen und neue Produkte zu entwickeln“, heißt es in einer Arques-Mitteilung und weiter: „ddp bleibt wie bislang auch eine absolut unabhängige und seriöse Nachrichtenquelle.“ Lutz Schumacher, früher geschäftsführender Gesellschafter und Chefredakteur von ddp, wird künftig nur noch die Redaktion leiten. Unterstützung erhält er von Rainer Höhling, der als Leiter aller Textredaktionen fungiert, und von Dirk von Borstel, der den Bildbereich leitet.

Ü Arques Einstieg in den Medienmarkt

Nach dem Scheitern einer Übernahme der Frankfurter Rundschau ist die ddp-Akquisition für Arques der erste Schritt einer Expansionsstrategie auf dem Medienmarkt. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, komplette Unternehmen oder Beteiligungen zu erwerben, die betroffenen Firmen zu sanieren und nach einigen Jahren wieder mit Gewinn zu verkaufen. Zum aktuellen Portfolio der Starnberger Investoren gehören Beteiligungen an acht Unternehmen, darunter an der Stahl-Sparte von Degussa und am Kinderwagen-Produzenten Teutonia. Arques erzielte 2003 bei einem Umsatz von 28,7 Millionen Euro etwa fünf Millionen Euro Jahresüberschuss. Vierzig Prozent der Gesellschafteranteile von Arques halten die Manager Peter Maria Löw und Martin Vorderwülbecke, 14 Prozent die Buchanan Holdings Ltd. Löw hatte bereits 2003 mit seiner Privatholding den Weltkunst-Verlag mit den Titeln Weltkunst und Antiquitäten-Zeitung von Axel Springer Verlag übernommen.