Die traditionsreichen Filmstudios Babelsberg in Potsdam sind vom französischen Konzern Vivendi Universal zum symbolischen Preis von einem Euro an eine Investorengruppe verkauft worden. Das Konsortium wird von dem Berliner Carl Woebcken und dem Münchners Christoph Fisser angeführt. Vor etwa einer Woche waren Verhandlungen zwischen der NDR-Tochterfirma Studio Hamburg und Vivendi gescheitert.

Der französische Konzern Vivendi Universal (vormals Compagnie Générale des Eaux) erwarb die ehemaligen DEFA-Studios 1992 von der Treuhandanstalt, konnte das Unternehmen aber nie in die Gewinnzone führen. In einer Firmenmitteilung von Studio Babelsberg hieß es, Vivendi werde im Rahmen des Verkaufs an die neuen Studio-Eigentümer 18 Millionen Euro Altschulden übernehmen. Laufende Projekte der Filmstudios sollen von dem Verkauf nicht betroffen sein. Längerfristig und parallel zu dem gegenwärtigen Geschäft planen die Käufer offenbar einen Ausbau der Fernsehaktivitäten der Potsdamer Studios. Noch stammen mehr als die Hälfte des Babelsberg-Umsatzes aus Filmproduktionen für die Kino-Leinwand.

Ü Enormer Investitionsbedarf

Über die neuen Investoren, ihre Partner und Pläne ist bislang wenig bekannt. Carl Woebcken, einst Investmentbanker und Finanzvorstand der Trickfilmfirma TV Loonland, leitet die von der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein initiierte Berlin Animation Fonds GmbH & Co Produktions KG (BAF). Dabei handelt es sich um einen 1999 von der Dresdner Bank aufgelegten Filmfonds, dessen Projekte zuletzt ins Stocken geraten waren. Christoph Fisser stammt aus München und ist Geschäftsführer der Atelierbetriebe Schwabing. Der Gastronom und Organisator großer Lichterketten gegen Fremdenhass (1992) gewann für sein Engagement Burdas Medienpreis „Bambi“ und produziert zurzeit vor allem Formate fürs Kinderfernsehen.

Textfeld: 4 Studios mit langer Tradition 
Die Filmstudios in Babelsberg existieren bereits seit 1911. Die sechs Jahre später gegründete Universum Film AG (Ufa) produzierte in den Studios u.a. 1926 Fritz Langs Großfilmproduktion „Metropolis“ und den 1930 uraufgeführten Klassiker „Der blaue Engel“ mit Marlene Dietrich. 
Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierte die DEFA Film AG der DDR in Potsdam mehr als 700 Spielfilme, darunter 150 Kinderfilme. Für das Fernsehen entstanden von 1959 bis 1990 zusätzlich mehr als 600 Spielfilme. 
Im August 1992 verkaufte die Treuhand die Studios an den französischen Konzern Compagnie Générale des Eaux (heute Vivendi Universal). Trotz Landeszuschüssen machten die Filmstudios unter der Vivendi-Regie nie Gewinne. 
Brandenburg verfügt als einziges Bundesland über Haushaltsmittel für Bürgschaften, die zur Akquise von Filmproduktionen führen sollen. So sicherte das Land zuletzt das 4,8-Mio.-€-Engagement von Studio Babelsberg als Kofinanzier von Kevin Spaceys „Beyond the Sea“ ab.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Ohne finanzkräftige Partner werden die neuen Investoren in Babelsberg kaum Erfolg haben können. Die Potsdamer Studios sind seit Jahren nicht genügend ausgelastet und müssen dringend modernisiert werden. Die Beratungsfirma McKinsey schätzte den Investitionsbedarf für die nächsten drei Jahre auf vierzig bis fünfzig Millionen Euro und kalkulierte für die bauliche und technische Instandhaltung bereits auf jährlich 17,5 Millionen Euro, wovon nur knapp ein Drittel mit Fördergeldern gedeckt werden könnte. Außerdem wurde empfohlen, die Hälfte des Personals zu entlassen.

Ü Studio Hamburg musste passen

Den Studiobetrieb in Potsdam-Babelsberg belastet eine Steuerschuld in zweistelliger Millionenhöhe sowie Auflagen der früheren Treuhandanstalt zur Sicherung der Arbeitsplätze. In den Studios arbeiten etwa 250 Mitarbeiter, deren Stellen bis 2007 garantiert sein sollen. Der Jahresverlust lag in den vergangenen Jahren meist im unteren zweistelligen Millionen-Bereich. Außer dem NDR, der nach Recherchen der Financial Times Deutschland auf einer Schuldenübernahme durch Vivendi in Höhe von etwa 40 Millionen Euro beharrte, hatte auch das Babelsberg-Management um Studiochef Thierry Potok ein Angebot vorgelegt. Potok war es in den vergangenen beiden Jahren gelungen, die Verluste zu reduzieren, unter anderem durch Kino-Produktionen wie „Der Pianist“, „Duell – Enemy at the Gates“ und „In 80 Tagen um die Welt“. Im vergangenen Jahr lag der Verlust bei einem Umsatz von etwa 26 Millionen Euro „nur“ noch im sechsstelligen Euro-Bereich.

Die brandenburgische Landesregierung, die den Studios mit Fördergeldern und Bürgschaften in Millionen-Höhe das Überleben sicherte, hatte als neuen Betreiber Studio Hamburg favorisiert. Schließlich hatte die NDR-Tochtergesellschaft vor Jahren bereits das Gelände des ehemaligen DDR-Fernsehens in Berlin-Adlershof übernommen.