Die Bertelsmann AG hat für das 2004 einen Jahresüberschuss von etwa 1 Milliarde Euro und einem operativen Gewinn von etwa 1,4 Milliarden Euro bilanziert. Wichtigste Erlösquellen von Europas größtem Medienunternehmen waren im vergangenen Jahr das Geschäft mit Hörfunk- und TV-Programmen, das Musikgeschäft und der Druckerei- und Dienstleistungssektor.

Der Konzernumsatz der Bertelsmann AG betrug 2004 etwa 17,0 Milliarden Euro nach 16,8 Milliarden Euro im Vorjahr. Dass der Jahresüberschuss von 0,2 auf 1,217 Milliarden Euro stieg, liegt vor allem am neuen Bilanzierungsstandard IFRS. Durch die neue Rechnungslegung müssen keine planmäßigen Abschreibungen mehr auf Firmenwerte und ähnliches Vermögen vorgenommen werden. Diese aber belasteten zum Beispiel den Abschluss für das Jahr 2003 mit etwa 632 Millionen Euro. Insofern sind die Zahlen mit dem Vorjahr nicht vergleichbar. Sollten einzelne Bilanzposten künftig maßgeblich an Wert verlieren, sollen außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen werden.

 

2004

2003
(angepasst)

Umsatz 

17.016 €

16.801 €

Operating EBIT 

1.429 €

1.026 €

EBIT (Ergebnis vor Finanzergebnis und Steuern) 

1.747 €

1.365 €

Jahresüberschuss vor Fremdanteilen 

1.217 €

208 €

Wirtschaftliche Finanzschulden

2.632€

3.227€

Mitarbeiter

76.266

73.221

Ü Wachstumsmotor TV-Geschäft

Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen (Operating Ebit) konnte vor allem deshalb von 1,1 auf 1,4 Milliarden Euro gesteigert werden, weil erstmals die Vollkonsolidierung des französischen Fernsehsenders M6 in der Bilanz mit 92 Millionen Euro zu Buche schlug. Ohne diesen Effekt, so erklärte der Bertelsmann-Vorstandsvorsitzende Gunter Thielen in Berlin, habe die Ergebnissteigerung im Konzern bei 30,3 Prozent gelegen. Fast die Hälfte des operativen Gewinns stammte von der Rundfunk-Holding RTL Group (Operating Ebit: 668 Mio. Euro), die mit fast 4,9 Milliarden Euro auch wichtigster Umsatzträger des Gütersloher Medienkonzerns bleibt. Eine Expansion im Fernsehgeschäft gilt als wahrscheinlich. „Wir sind in Osteuropa und in Südeuropa auf der Suche nach Akquisitionen“, kündigte, Gerhard Zeiler, Chef der RTL Group, in Berlin an. Auch eine Sender-Gründung wie 2004 in Kroatien schloss Thielen nicht aus. Für Investitionen und Zukäufe habe Bertelsmann 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung, ohne den Verschuldungsrahmen zu sprengen, ergänzte Bertelsmann-Finanzvorstand Siegfried Luther.

Die Medien-Dienstleistungssparte Arvato machte 2004 mit Druckereien, CD-Presswerken, Call-Centern, Finanzdienstleistern oder Logistik-Firmen knapp 3,8 Milliarden Euro Umsatz. Das traditionell erfolgreiche Zeitschriftengeschäft der Bertelsmann-Tochtergesellschaft Gruner + Jahr hingegen lagen im vergangenen Jahr bei der Umsatzstatistik mit nur 2,4 Milliarden Euro noch hinter der Bertelsmann Music Group (BMG), die trotz der Krise bei der Tonträgerindustrie 2,5 Milliarden Euro umsetzte. BMG verdreifachte den operativen Gewinn auf 162 (54) Millionen Euro, nachdem die Gemeinschaftsfirma Sony BMG seit August zur Hälfte in der Bertelsmann-Bilanz konsolidiert wird. Gemessen an der allgemeinen Entwicklung des Musikmarktes sei ein Umsatzminus von 1,5 Prozent bei BMG ein gutes Ergebnis, sagte Finanzchef Luther.

Ü Formkrise bei Gruner + Jahr

Gruner + Jahr erwirtschaftete im vergangenen Jahr etwa 1,7 Prozent weniger Umsatz, fast zehn Prozent weniger operatives Ergebnis (215 Mio. Euro), aber dank der neuen Bilanztechnik mit 122 Millionen Euro etwa 31 Prozent mehr Jahresüberschuss als 2003. Als Grund für die schlechten Zahlen bei Gruner + Jahr nannte Thielen vor allem hohe Anlaufkosten für neue Projekte. Schließlich seien 2004 insgesamt 23 neue Zeitschriften-Titel platziert worden.

Textfeld:

 
 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

Auch die Buchclub-Sparte DirectGroup verzeichnete mit 2,2 Milliarden Euro Umsatzverluste. Bei den Buchclubs, die erst seit 2003 wieder schwarze Zahlen schreiben, blieben dank guter Geschäfte in Spanien und Frankreich als Operating Ebit 32 Millionen Euro übrig. Das deutsche Buchclub-Geschäft machte allerdings im vergangenen Jahr noch immer knapp zehn Millionen Euro Verlust und soll bis 2007 wieder Gewinne abwerfen. Die weltweit größte Buchverlagsgruppe Random House hielt dagegen mit etwa 1,8 Milliarden Euro ihren Umsatz stabil.

 

 

 

Umsatz 2004
(Mio. €)

Umsatz-Anteil
2004

Ebit 2004
(Mio. €)

Ebit-Anteil
2004

RTL Group

Random House

Gruner + Jahr

BMG

Arvato

Direct Group

Summe

4.878

1.791

2.439

2.547

3.756

2.175

17.586

27,7%

10,2%

13,9%

14,5%

21,4%

12,4%

100,0%

668

140

210

162

310

32

1.522

42,9%

9,2%

13,8%

10,6%

20,4%

2,1%

100,0%

 

Ü Mobilfunk als neues Geschäft?

Insgesamt war das Geschäftsjahr 2004 ähnlich wie bereits 2003 (4 siehe Artikel Bertelsmann treibt Konsolidierung voran) für Bertelsmann eher ein Jahr der Konsolidierung. Angesichts der Expansion von Viacom, Time Warner & Co. wirkt das Gütersloher Wachstumstempo eher mäßig. „Wir gehen von einer weiteren Umsatz- und Ergebnissteigerung aus“, kündigte Gunter Thielen für das Jahr 2005 an, ließ aber offen, ob die angestrebte Umsatzrendite von zehn Prozent in diesem Jahr erreicht werden kann.

Seit dem Ausstieg bei AOL Europe hat Bertelsmann eine strategische Schwäche im Online- und Multimedia-Bereich. Damit sich das ändert, sollen bald neue Geschäftsfelder erschlossen werden. „Wir prüfen, ob wir eine eigene Mobilfunkmarke einführen", sagte Arvato-Chef Hartmut Ostrowski bei der Berliner Bilanzpressekonferenz. Gedacht ist an eine eigene Mobilfunkmarke als „Mobile Virtual Network Operation“, das kein eigenes Netz benötigt, sondern für die Übertragungskapazitäten bei anderen Anbietern gemietet und vermarktet werden.

Ü Börsengang frühestens 2006

Unklar bleibt, ob der Gesellschafter Groupe Bruxelles Lambert (GBL) einen Verkauf seines 25,1-prozentigen Anteils an Bertelsmann plant. Bertelsmann hatte 2001 die RTL Group komplett übernommen und im Gegenzug dem Mitgesellschafter GBL 25,1 Prozent der Gütersloher Aktien überlassen müssen (4 siehe Artikel Aktientausch bei Bertelsmann AG). Die an der belgischen Investmentgesellschaft GBL beteiligten Familien Frère und Desmarais dürfen von 2006 an einen Börsengang von Bertelsmann verlangen. „Wir sind bereit, wenn Herr Frère diesen Wunsch äußert. Wir haben keine Signale bekommen von Herrn Frère“, sagte Finanzchef Luther. Die Nutzung des bestehenden Vorkaufsrechts auf die GBL-Anteile hält Luther für nicht ratsam: „Das wäre ein ziemlicher Kraftakt.“ Ähnlich hatte sich unlängst auch die Familie Mohn geäußert, die direkt oder indirekt (über die Bertelsmann-Stiftung) 74,9 Prozent der Kapitalanteile und 75 Prozent der Stimmrechte kontrolliert. Analysten schätzen den Wert des Konzerns auf 14 bis 16 Milliarden Euro, 25 Prozent wären also vier Milliarden Euro wert.

Ü Hier finden Sie den kompletten Bertelsmann-Geschäftsbericht 2004.