Nie wurde in Deutschland mehr für Filmförderung ausgegeben als zurzeit. Filmförderungsanstalt und Filmförder-Einrichtungen der Bundesländer pumpen jährlich mehr als 200 Millionen Euro in deutsche Produktionen. Doch diese Subventionierung bleibt umstritten. Was fehlt, ist ein abgestimmtes Konzept. Statt dessen hat der Wettstreit der Bundesländer um Filmproduktionen einen regen Filmtourismus ausgelöst...

Die Geschichte der Filmförderung hat in Deutschland schon 1917 begonnen. Damals betrieb Generalquartiermeister Erich Ludendorf die Gründung der Ufa mit Reichskapital, um gemeinsam mit reichen Bankhäusern und der Industrie ein Propagandainstrument zu schaffen. Zur Gründung der Universum AG (Ufa) wurden 1918 kurzerhand drei Filmunternehmen zusammengeschlossen: die Nordisk Film Company, der Messter-Konzern und die Projektions AG. Am Aktienkapital von 25 Millionen Mark beteiligte sich die Reichskasse unter Führung der Deutschen Bank mit sieben Millionen, andere Aktionäre waren Reedereien, Banken, Industriekonzerne. Es entstand ein Medienkonzern mit Produktionsstätten, Verleihorganisationen, Filmtheatern und bekannten Darstellern. Als Fritz Langs „Metropolis“ zum finanziellen Fiasko zu werden drohte und die Deutsche Bank nicht mehr bereit war, die ungeheuren Produktionskosten von 5,3 Millionen Mark mitzutragen, kaufte 1927 der Medienzar Alfred Hugenberg für 13,5 Millionen Mark die Aktienmehrheit der Ufa. Während der Ära des Nationalsozialismus übernahm das Reich von Alfred Hugenberg die Aktienmehrheit an der Ufa für 21 Millionen Mark, während die Deutsche Bank für ihren Anteil acht Millionen Mark erhielt. Auch die Filmgesellschaften Tobis, Bavaria und Wien-Film kaufte der Staat auf, so dass 1942 die Konzentration der deutschen Filmgesellschaften mit ihren mehr als 10.000 Beschäftigten abgeschlossen war.

Ü Länder fördern erst seit 70-er Jahren

Nach dem Krieg wurden viele Kinofilme zunächst durch Bundesbürgschaften unterstützt. Als das Fernsehen in den 50-er und 60-er Jahren den Kinofilm zu verdrängen begann, gründeten sich erste Institutionen zur Filmförderung. 1967 wurde erstmals ein Filmförderungsgesetz erlassen und anschließend regelmäßig novelliert. 1968 wurde in Berlin die Filmförderungsanstalt gegründet. Nach der Wiedervereinigung bildete das 1993 verabschiedete Gesetz über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films (Filmförderungsgesetz) die Basis für die wirtschaftliche Filmförderung. Mit dem Gesetz wurden Kinobetreiber verpflichtet, je nach Umsatz zwischen 1,5 und 2,5 Prozent ihres Umsatzes an einen Fonds abzuführen, in den auch die Videowirtschaft einzahlen muss. Mit diesen Filmabgaben wird die Filmförderungsanstalt finanziert. Diese wiederum vergibt erfolgsbezogene Mittel, wenn Produktionen eine bestimmte Zahl von Zuschauern in den Kinos erreicht haben (Referenzfilmförderung), oder aber fördert Filme, die geeignet scheinen, „die Qualität und die Wirtschaftlichkeit des deutschen Films zu verbessern“ (§ 32 FFG 93). Dabei werden in der Regel bedingt rückzahlbare zinslose Darlehen vergeben.

1979 gründeten die ersten Bundesländer eigene Fördereinrichtungen. In den 80-er und 90-er Jahren wurde diese Parallelsubventionierung systematisch ausgebaut, meist als Teil der Standortpolitik. Heute gibt es in Deutschland etwa zwei Dutzend Einrichtungen des Bundes, der Länder und von Wirtschaftsverbänden. Gefördert wird fast alles, was irgendwie mit Film zu tun hat: Produktion, Verleih, Vermarktung, Drehbücher, Kopien, Filmschulen und auch Filmhochschulen, Nachwuchs- und Filmpreise und der Export. Allein im Zeitraum von 1998 bis 2001, so errechnete das Institut der Deutschen Wirtschaft, wurden die Filmfördermittel in Deutschland um etwa 25 Prozent aufgestockt.

Ü Filmförderungsgesetz des Bundes

Der Film ist ein wichtiges Kultur- und Wirtschaftsgut. Erhalt und Entwicklung deutscher Filmkultur sind nur möglich auf der Basis einer funktionierenden Filmwirtschaft. Dieses Ziel ist in Deutschland – wie auch sonst in Europa und mit Ausnahme des US-amerikanischen Films auch in Übersee – nach Auffassung der Kulturpolitik nur durch öffentliche Förderung erreichbar. Bund und Bundesländer haben deshalb ein hohes Interesse daran, den Film- und Medienstandort Deutschland durch Förderung einer leistungs- und wettbewerbsfähigen Film- und Medienwirtschaft zu stärken.

Der Bund tut dies – gestützt auf Artikel 74/11 Grundgesetz (Recht der Wirtschaft) – mit Hilfe des Filmförderungsgesetzes (FFG). Zur Durchführung der Zielsetzungen des Gesetzes ist die Filmförderungsanstalt (FFA) als Bundesanstalt des öffentlichen Rechts mit folgenden Aufgaben gegründet worden:

Ø      Steigerung der Qualität des deutschen Films auf breiter Grundlage,

Ø      Verbesserung der Struktur der Filmwirtschaft,

Ø      Pflege der Zusammenarbeit zwischen Film und Fernsehen,

Ø      Unterstützung der Verbreitung und marktgerechten Auswertung des deutschen Films im In- und Ausland,

Ø      Hinwirkung auf eine Abstimmung und Koordinierung der Filmfördermaßnahmen von Bund und Ländern.

Das Gesetz fußt auf dem Grundsatz, dass alle, die vom Kinofilm profitieren, auch einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der Produktion und Verbreitung des Kinofilms zu leisten haben. Das FFG sieht deshalb eine gesetzliche Abgabe der Filmtheater und Videoprogrammanbieter sowie freiwillige Beiträge der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten und der privaten Fernsehveranstalter vor. Die Filmförderung durch die Filmförderungsanstalt wird damit im Wesentlichen nicht aus Steuermitteln, sondern von der Filmwirtschaft selbst finanziert.

Die Mittel werden von der Filmförderungsanstalt auf der Grundlage des Filmförderungsgesetzes verwaltet. Die FFA verfügt über einen jährlichen Etat von etwa 70 Millionen Euro. Subventionen fließen entweder als Projekt- oder als Referenzförderung:

Projektförderung
(§ 15-17 FFG)

Die FFA kann Projektfilmförderung als bedingt rückzahlbares, zinsloses Darlehen gewähren, wenn der Antrag eines Produzenten aufgrund des Drehbuchs, der Kalkulation, dem Finanzierungsplan, der Stab- und Besetzungslisten und gegebenenfalls der Auswertungsverträge einen Film erwarten lässt, der geeignet erscheint, die Qualität und die Wirtschaftlichkeit des deutschen Filmes zu verbessern.

Über die Anträge entscheidet eine aus elf Mitgliedern bestehende Vergabekommission. Die Projektfilmförderung kann im Regelfall € 250.000,00, im Einzelfall bis zu € 1 Mio. betragen.

Eine Eigenbeteiligung des Produzenten in Höhe von mindestens 15 % ist erforderlich. Da die Förderung als bedingt rückzahlbares Darlehen gewährt wird, beginnt die Rückzahlung in der Regel mit 10 % der Beträge, die der Produzent aus der Verwertung des Films nach Abdeckung von 20 % der von der FFA anerkannten Herstellungskosten erlöst. Zurückgezahltes Geld darf für kommende Produktionen eingefordert werden.

Referenzförderung
(§ 22 FFG)

Ein Hersteller mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erwirbt einen Anspruch auf Förderungsmittel als Zuschuss zur Herstellung eines neuen Filmes, wenn er einen inländischen Film hergestellt hat (auch in deutsch/ausländischer Gemeinschaftsproduktion), der im Inland innerhalb eines Jahres nach dem Start 150.000 Referenzpunkte erreicht hat. Die Referenzpunkte werden aus dem Zuschauererfolg sowie dem Erfolg bei international bedeutsamen Festivals und Preisen ermittelt. Der Film muss jedoch mindestens eine Besucherzahl von 50.000 erreichen. Hat der Referenzfilm ein Prädikat der Filmbewertungsstelle Wiesbaden erhalten, beträgt die maßgebliche Referenzpunktzahl nur 100.000. Das Geld aus der Referenzförderung gibt es nur rückwirkend und es darf nur für weitere Filmprojekte eingesetzt werden.

Seit dem 1. Januar 2004 ist die FFG-Novelle in Kraft. Dadurch wurde der Etat der FFA von 46,2 Millionen auf 64,7 Millionen Euro erhöht. Zu diesem Zweck wurde die Kinoabgabe auf etwa 2,7 Prozent des Bruttoumsatzes (zuvor: 2,2 Prozent) erhöht, was etwa 3 Cent pro Kinokarte mehr bedeutet, und die Videoabgabe auf durchschnittlich 2,2 Prozent des Nettoumsatzes (zuvor: 1,8 Prozent) angehoben (zum Vergleich: in Frankreich müssen 11 Prozent abgeführt werden). Außerdem sollen privatwirtschaftliche und öffentlich-rechtliche TV-Programmanbieter ihre freiwilligen Leistungen auf etwa 22,4 Millionen Euro etwa verdoppeln. Allerdings wollen die privatwirtschaftlichen Fernsehveranstalter den bislang eingezahlten Betrag von 5 Millionen Euro ausschließlich über Sachleistungen (z.B. kostenlose Werbespots für Spielfilme) im Wert von 7 Millionen Euro pro Jahr aufstocken. Lange umstritten war bei der FFG-Novelle die Referenzfilmschwelle, die heraufgesetzt werden sollte, dann aber doch unverändert blieb. Kritiker mahnten, dem neuen Referenzmodell liege ein kommerzielles Filmverständnis zugrunde, bei dem nur Hersteller von Kassenschlagern unterstützt würden.

Der Hauptverband der Filmtheater (HDF) hat gegen das neue Filmförderungsgesetz eine Verfassungsklage eingereicht. Da viele Kinobetreiber ihre Abgabe bis zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nur unter Vorbehalt zahlen wollen, darf die FFA diese Mittel zwar einnehmen, aber sicherheitshalber vorerst nicht ausgeben.

Außer für die Projekt- und Referenzförderung stehen der Filmförderungsanstalt auch Mittel für die Verleihförderung zur Verfügung. Im vergangenen Jahr wurden zu diesem Zweck 7,37 Millionen Euro eingesetzt. Zu den FFA-Mitteln kommen auf der Bundes-Ebene noch Subventionen, die direkt von der Bundeskulturbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) vergeben werden und zuletzt etwa 23 Millionen Euro pro Jahr ausmachten.

Ü EU-Filmförderung: MEDIA Plus 2001 – 2005

Die Filmförderung der Europäischen Union unterstützt unabhängige europäische Produzenten, Verleiher, Organisatoren von Trainingsinitiativen, Promotionsaktivitäten und Festivals sowie die Teilnahme von Medienschaffenden an Fortbildungsmaßnahmen. Das Programm Media I (1990-1995) umfasste etwa 200.000 Millionen Euro, für Media II (1996-2000) standen 300 Millionen Euro bereit. Mit dem 1. Januar 2001 startete für weitere fünf Jahre MEDIA III, ausgestattet mit einem Budget von 400 Millionen Euro.

Fördermittel im Rahmen des MEDIA Programms werden entweder als bedingt rückzahlbare Darlehen oder als Subvention vergeben. In der Regel übernimmt MEDIA höchstens bis zu 50 Prozent der Gesamtkosten. Anträge auf Förderung werden direkt bei der MEDIA Direktion in Brüssel gestellt. In den Mitgliedsländern sind nationale Informationsbüros eingerichtet, die MEDIA Desks, die von regionalen Zweigstellen, den MEDIA Antennen, ergänzt werden. Der deutsche MEDIA-Desk hat seinen Sitz in Hamburg. Zweigstellen gibt es in Babelsberg (Berlin-Brandenburg), Düsseldorf und München.

Ü Großfördereinrichtungen der Bundesländer

Inzwischen existieren in fast allen Bundesländern Filmfördereinrichtungen, die aus Steuergeldern oder aus Mitteln der Landesmedienanstalten gespeist werden. Teilweise haben sich an den Förderetats der Länder auch öffentlich-rechtliche oder privatwirtschaftliche TV-Programmanbieter beteiligt. Die Filmtheater- und Videobranche zahlt überhaupt nicht in die Fördertöpfe der Länder ein. Insgesamt macht der Anteil der Bundesländer am gesamten deutschen Fördervolumen etwa sechzig Prozent aus.

Dabei ergeben sich im Einzelnen folgende Fördersummen:

Förderinstitution

Summe (Mio. €)

FFA

76,5

Bundes-Kulturbeauftragte

23,1

Filmstiftung Nordrhein-Westfalen

36,6

Film-Fernseh-Fonds Bayern

32,4

Filmboard Berlin-Brandenburg

17,2

Mitteldeutsche Medienförderung

14,0

Filmförderung Baden-Württemberg

10,3

Filmförderung Hamburg

9,7

Nordmedia Fonds

8,8

Gesamt:

228,5

Quelle: FFA

Bund und Länder stellten 2003 fast 230 Millionen Euro für die Förderung der Filmwirtschaft zur Verfügung. Davon floss etwas mehr als die Hälfte in die Förderung von Kinofilmproduktionen. Hinzu kommen Mittel aus EU-Töpfen oder bei internationalen Koproduktionen auch aus anderen Ländern. Dies bedeutet eine Subventionierung pro Arbeitsplatz der deutschen Filmwirtschaft um etwa 5000 Euro pro Jahr.

Der Anteil der sechs großen Länder-Förderungseinrichtungen (Bayern, NRW, Berlin/Brandenburg, Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen, Baden-Württemberg, Hamburg) am gesamten deutschen Fördervolumen der Film- und Kinobranche beträgt etwa sechzig Prozent.

Ü Reine Kinofilm-Fördermittel 2003

Förderinstitution

Summe (Mio. €)

FFA/Bund

39,2

Filmstiftung Nordrhein-Westfalen

20,6

Film-Fernseh-Fonds Bayern

19,8

Filmboard Berlin-Brandenburg

10,6

Mitteldeutsche Medienförderung

7,4

Filmförderung Baden-Württemberg

7,2

Filmförderung Hamburg

6,5

Nordmedia Fonds

1,2

Gesamt:

112,5

Quelle: FFA

Ü Kritik an der Filmförderung

Die Filmförderung in Deutschland verfolgt ein Zielbündel, das äußerst diffus ist. Es reicht von Standortförderung und Sicherung von Arbeitsplätzen bis zur Wahrung kultureller Identität. Die Zersplitterung der Förderlandschaft aber macht eine Koordinierung aller Maßnahmen fast unmöglich. So werden häufig erfolgversprechende Filme gleich von mehreren Institutionen gefördert, wenn diese sich davon einen wirtschaftlichen Erfolg und damit einen Vorteil für das eigene Renommee erhoffen. Kritiker klagen, inzwischen würden fast keine Filme mehr ohne Förderung gedreht, sondern nur noch solche, deren Finanzierung vorweg garantiert sei und die deshalb auf Markterfolge gar nicht angewiesen seien. Die Folge davon sei „Gremienkino“ ohne Risiko. Die meisten Fördergelder erhielt im vergangenen Jahr Sönke Wortmanns Film „Das Wunder von Bern“, der mit etwa 7,4 Millionen Euro subventioniert wurde. Dagegen wird die Förderung für „Good bye, Lenin“ mit knapp 3,4 Millionen Euro fast bescheiden:

Ü Förder-Rangliste 2003

 

Bundesmittel

Ländermittel

TV-Beteiligung

Gesamt

Das Wunder von Bern

2,5 Mio. €

3,3 Mio. €

1,6 Mio.

7,4 Mio. €

Till Eulenspiegel

2,2 Mio. €

2,5 Mio. €

 

4,7 Mio.

Das fliegende Klassenzimmer

1,9 Mio. €

1,7 Mio. €

1,1 Mio. €

4,7 Mio. €

Luther

1,1 Mio. €

2,0 Mio. €

1,5 Mio. €

4,6 Mio. €

Rosenstraße

1,4 Mio. €

2,7 Mio.

 

4,1 Mio. €

Herr Lehmann

1,6 Mio. €

1,8 Mio. €

 

3,4 Mio.

Pumuckl, Zirkusabenteuer

1,4 Mio.

0,8 Mio. €

1,2 Mio. €

3,4 Mio.

Good bye, Lenin!

1,7 Mio. €

1,1 Mio. €

0,6 Mio.

3,4 Mio. €

Das Sams in Gefahr

1,7 Mio. €

1,6 Mio. €

 

3,3 Mio.

Suche impotenten Mann

0,6 Mio. €

0,9 Mio. €

1,5 Mio.

3,0 Mio. €

Verschwende deine Jugend

1,2 Mio. €

1,8 Mio. €

 

3,0 Mio.

Liegen lernen

1,2 Mio. €

1,2 Mio. €

 

2,4 Mio. €

Quelle: FFA (Bundesmittel = FFA-Mittel + BKM-Mittel)

 

2001 zum Beispiel, so fand das Institut der Deutschen Wirtschaft heraus, wurden 83 der 107 erstaufgeführten deutschen Spielfilme mit Fördergeldern unterstützt. Durchschnittlich stammt etwa die Hälfte der Produktionsgelder aus Fördermitteln. Kritiker warnen, dass Produzenten durch die Förderung oft so gut abgesichert sind, dass für erfolgreiche Filme der nötige Anreiz fehle. Ein großer Teil der geförderten Projekte gelangt am Ende gar nicht mehr oder in nur noch wenige Kinos. Von den Filmen, die schließlich erfolgreich sind, fließen häufig trotz Gewinnen keine Anteile mehr an die Förderanstalten zurück. Dieter Kosslick, früher Geschäftsführer der Filmstiftung NRW und heute Chef der Berlinale, kritisierte im Jahr 2000, ein ausgeklügeltes System von Verleihgarantien und Rückführungsquoten verbanne die öffentliche Förderung im Gewinnfall auf einen hinteren Rang.

Ü Marlene als „Millionen-Grab“

Bestes Beispiel für schlecht eingesetzte Fördermittel war im Jahr 2000 der Film „Marlene“. Die Verfilmung der Lebensgeschichte Marlene Dietrichs kostete etwa 7,5 Millionen Euro. Das Publikumsinteresse an dem verschwenderisch ausgestatteten Werk aber war mit etwa 450.000 Zuschauern äußerst gering. Dank üppiger Fördermittel warf die Produktion schließlich für den börsennotierten Produzenten Senatorfilm dennoch Gewinn ab.

Zumindest in einem Punkt unterscheidet sich die deutsche Filmförderpolitik zunehmend aus der Sicht vieler Kulturkritiker von der sonst üblichen Unterstützungs-, Förder- und Sozialpolitik in Deutschland: Sie kommt immer mehr den Erfolgreichen zugute, weil Erfolg an den Kinokassen im Referenzsystem als Nachweis von Förderungswürdigkeit gilt.

Ü Regelrechter „Fördertourismus“

Die Vielzahl der Fördertöpfe in Deutschland bedeutet die Gefahr, dass sich keine Institution für die Kontrolle des sinnvollen Mitteleinsatzes verantwortlich fühlt, weil alle nur mit jeweils einem kleinen Anteil dabei sind. Problematisch aus Sicht der Medien- und Wirtschaftsförderung ist, dass die regionale Fördersummen der Länder zwar daran gekoppelt sind, dass mindestens die Fördersumme oder das Anderthalbfache von ihr jeweils im Förderland selbst investiert werden muss, die föderale Konkurrenz aber dazu führt, dass Filme deshalb gleich in mehreren Bundesländern entstehen und durch zusätzliche Reiskosten etc. oft auch teurer werden. Am Ende werden durch diesen Förder-Tourismus oft keine festen Arbeitsplätze subventioniert, sondern nur einzelne Projekte. Deshalb wurden immer wieder auch Modelle diskutiert, die statt konkreter Filme die Ansiedlung von Filmproduzenten oder anderer filmwirtschaftlicher Unternehmen finanziell unterstützen sollen.

Der Grat zwischen Kultur- und Wirtschaftsförderung wird immer schmaler. Während viele Produzenten, Feuilletonredaktionen und Filmkritiker eine Förderung nach künstlerischen Kriterien fordern, streben die fördernden Institutionen selbst vor allem eine wirtschaftliche Unterstützung an. Diese muss allerdings offiziell mehr und mehr kulturell begründet werden. Andernfalls drohen die Subventionen zum Opfer des weltweiten Liberalisierungsprozesses zu werden, bei dem sowohl die EU als auch die GATS-Abkommen (General Agreement on Trade in Services) darauf drängen, dass Einzelstaaten ihren nationalen Industrien nicht mit Subventionen Vorteile im internationalen Wettbewerb verschaffen. Im Rahmen der aktuellen GATS-Verhandlungen haben Länder wie die USA, Japan, China und Brasilien Europa bereits aufgefordert, Subventionen im audiovisuellen Bereich abzuschaffen, weil die Filmbranche als nichts anderes als eine wirtschaftsorientierte Dienstleistung zu betrachten sei. Bei solchen Diskussionen um Handelsschranken erklären Politiker das Wirtschaftsgut Film meist zum Kulturgut, das ausschließlich aus Gründen zur Wahrung der kulturellen Identität gefördert werde.

Ü Das Beispiel Frankreich

In Frankreich ist die Förderung heimischer Filme sogar gesetzlich verankert: „Exception culturelle“ („kulturelle Ausnahme“) heißt die Zauberformel, mit der der Staat französischen Produzenten und Regisseuren finanzielle Möglichkeiten bietet, bei denen die europäischen Kollegen vor Neid nur so erblassen. Das Gesetz besagt, dass Kulturprodukte nicht wie normale Handelsgüter behandelt werden dürfen und somit unter besonderem staatlichen Schutz stehen. Eine spezielle Abgabe pro Kinokarte (ca. 11 Prozent!), die um einiges höher liegt als in Deutschland (ca. 2,7 Prozent) und die bindende Verpflichtung der Fernsehsender, prozentual zu ihrem Umsatz in die Filmproduktion zu investieren, führt dazu, dass französischen Filmemachern die höchste Fördergeldmenge in Europa zur Verfügung steht. Insgesamt gibt Frankreich 700 Millionen Euro jährlich für die nationale Filmförderung aus, drei Mal so viel wie Deutschland. Die Produktionsbudgets liegen im Durchschnitt fast doppelt so hoch wie die in Deutschland.

Die einheimische Filmproduktion in Frankreich feierte für das Jahr 2001 einen Marktanteil von knapp 50 Prozent, 2002 waren es noch etwa 35 Prozent (USA: 50 Prozent). Wirtschaftlich erfolgreich aber sind in Frankreich nur wenige Filme: Von den etwa 200 jährlich produzierten französischen Filmen spielen nämlich in der Regel lediglich ein bis zwei Prozent ihre Produktionskosten an der Kinokasse wieder ein.

 

Ü Siehe auch folgende Artikel:   1 Filmstiftung mit "NRW-Effekt"

                                           1 Umsatzrückgang an den Kinokassen

                                           1 Medienfonds als „Stupid German Money“