Mehr als 9 Milliarden Euro
Eigenkapital haben deutsche Anleger seit 1999 in so genannte Medienfonds investiert.
Diese Art der Geldanlage macht dank steuerlicher Vorteile inzwischen 17 Prozent
des Marktes von geschlossenen Investmentfonds in Deutschland aus. Trotz
strengerer Gesetze flossen im vergangenen Jahr erneut 1,7 Milliarden Euro aus
Deutschland in Filmproduktionen. Etwa 80 Prozent dieser Gelder wandern in die
USA, in Deutschland bleibt nur wenig. Der Finanzminister hat das Nachsehen, die
deutsche Filmbranche auch...
Steuersparmodelle auf der Basis von Filmfinanzierungen haben in Deutschland eine lange Tradition und sollten ursprünglich dem Aufbau einer deutschen Filmindustrie dienen. Bereits in den 70-er Jahren entstanden die berüchtigten Abschreibungsfilme, in die wohlhabende Investoren – meist Freiberufler oder Unternehmen – ihr Geld vor allem deshalb steckten, weil sie elegant Verluste produzierten. Filmfonds bieten Anlegern gleich zwei erfolgversprechende Optionen: Einerseits helfen sie kräftig beim Steuersparen, andererseits verheißen sie – oft zu unrecht – Traumrenditen.
Ü
Begehrte Verlustabschreibung
Dabei
funktioniert das Steuersparmodell folgendermaßen: Das deutsche Steuerrecht
schreibt zwingend vor, dass Kosten für die Produktion von Filmen sofort
komplett abgeschrieben werden müssen, weil Filme als immaterielle
Wirtschaftsgüter gelten. Damit firmieren Investoren von Filmfonds, die meistens
in Form von ineinander verschachtelten Kommanditgesellschaften organisiert
sind, nicht als Anleger, sondern als Filmproduzenten und können den gesamten
Anlagebetrag auf einen Schlag von der Steuer absetzen. Wer also eine Summe in
einen Filmfonds investiert, kann diese sofort steuermindernd komplett als
Verlust geltend machen, da die Erträge im Gewinnfall erst später anfallen. In einigen Jahren, wenn aus den Fondsgeldern Filme
entstanden sind, ist der Investor vielleicht pensioniert und damit in einer
niedrigeren Steuerklasse. Dann kann er sich über Renditen freuen, die ihm
fondsfinanzierte Filme wie „Mission Impossible“ oder „Terminator“ bringen
sollen. Lange Laufzeiten von fünf bis zwanzig Jahren verschleiern oft den
Geld-Rückfluss.
Bis zu 35 Anbieter von Medienfonds haben in den vergangenen Jahren um die Gunst der Investoren geworben. 18 dieser Unternehmen haben sich zum Verband Deutscher Medienfonds e.V. zusammengeschlossen. Nicht alle Fonds erwirtschaften übrigens tatsächlich auch das große Geld: Vor Steuern beträgt die Rendite meist nur 1 Prozent. Die Verlustzuweisungen aber lassen die in den Prospekten versprochenen 10 oder mehr Prozent Gewinn für die Anleger dennoch Wirklichkeit werden. In der Vergangenheit wurde sogar oft Geld von Investoren eingesammelt, ohne dass feststand, für welche Filmprojekte es eingesetzt werden sollte.
Ü
Millionen-Beträge für Hollywood
Allein von 1997 bis heute steckten deutsche
Investoren mehr als 10 Milliarden Euro in etwa 120 so genannte Film- oder Medienfonds,
wovon mindestens siebzig Prozent ins Ausland flossen. Das meiste Geld landete
in den USA, nur etwa 10 bis 15 Prozent in Deutschland: Dabei steigen viele
Anleger aus dem Geschäft nach ihrer Steuerminderung rasch wieder aus, ohne auf
die Verwertung der Filmrechte zu warten. „Stupid German Money“ heißen diese
Investitionen aus Deutschland bei den Hollywood-Bossen. Dass
deutsche Anleger Hollywood-Filme finanzieren, hat Tradition. Von insgesamt 157
für einen Oscar nominierten Streifen wurden 46 mit Geld aus deutschen Filmfonds
gedreht. Im vergangenen Jahr steckte in 13 der mit Oscars prämierten Werke Geld
aus Deutschland. Filme wie „Der Herr der Ringe“, „Chicago“,
„Terminator“, „Mission Impossible“ oder „Gangs of New York“ wurden so vom
Bundesfinanzministerium unterstütz – auf Kosten der Steuerzahler. Egal ob „Herr
der Ringe“ oder „Gangs of New York“: Immer waren deutsche Millionen-Summen mit
im Spiel, von denen bis zur Hälfte von den Finanzämtern an die Anleger
zurückerstattet wurden. Inzwischen stammen etwa 20 Prozent aller Mittel für
Hollywood-Produktionen aus Deutschland. Die Gewinner sind US-Produzenten und
Anleger aus Deutschland, der Verlierer ist Bundesfinanzminister Hans Eichel.
Ü
Deutsche Medienfonds 1997-2003
Jahr |
Eigenkapital |
Fremdkapital |
1997 |
0,12 |
0,21 |
1998 |
0,70 |
0,92 |
1999 |
1,20 |
1,65 |
2000 |
2,10 |
3,05 |
2001 |
1,96 |
2,67 |
2002 |
1,53 |
1,78 |
2003 |
1,70 |
2,50 |
Quelle:
Verband Deutscher Medienfonds/Stefan Loipfinger
Das Erfolgsmodell der Filmfonds für die
Anleger ist einfach: So bringen 50.000 Euro Anlage in Filmfonds, die sich
maximal mit anderen Einkünften verrechnen lassen, im ersten Jahr für
Spitzenverdiener bei der aktuellen Steuerbelastung von bis zu 51,2 Prozent eine
Steuerersparnis von 25.600 Euro. Wie gewaltig die Steuergeschenke des deutschen
Fiskus sind, macht folgendes Beispiel deutlich: Mit nur 64.000 Euro eigenem
Geld konnte ein Spitzenverdiener mühelos 150.000 Euro zur Finanzierung vom
dritten Teil von „Der Herr der Ringe“ beitragen. Und das ging so: Eine so
genannte Inhaber-Schuldverschreibung macht es möglich, dass der Investor, ohne
selbst gezahlt zu haben, die höhere Summe als Steuerverlust angeben kann. Bei
einem Spitzensteuersatz wurden so 64.000 Euro eingesetzt und mit der nächsten
Steuererklärung flossen 79.000 Euro zurück. Das bedeutet eine Rendite von knapp
24 Prozent.
Ü
Korrektur durch Medien-Erlasse
Mit
zwei so genannten Medien-Erlassen hat das Bundesfinanzministerium in den
vergangenen drei Jahren versucht, das Geschäft mit den Filmfonds einzudämmen:
Seit 2001 dürfen Verluste aus den Medienfonds nur noch in einer Höhe von
maximal 50.000 Euro mit Gewinnen aus anderen Einkommensarten verrechnet werden
(§2, Abs. 3 Satz 3 EStG). Außerdem gelten die Abschreibungsregeln nicht mehr
für so genannte Leasing-Medienfonds, die rein auf die Finanzierung beschränkt
sind und weder Produktions- noch Vermarktungsrisiko tragen. Wenn der Anleger heute ein fertiges Filmkonzept nur
noch abnickt, gilt er als „Erwerber“ und kann die Kosten lediglich über 50
Jahre verteilt abschreiben. Denn für solche Leasingfonds fallen die
Steuervorteile weg.
Im
Sommer vergangenen Jahres wurde der Medienerlass des Bundesfinanzministers nach
entsprechenden Urteilen des Bundesfinanzhofes neu gefasst. Seit Januar werden
demnach nur noch Filmfonds als Abschreibungsmodelle akzeptiert, bei denen
gewährleistet ist, dass die Anleger auch konkrete Einflussmöglichkeiten auf
alle wesentlichen Elemente der Filmproduktion haben. Das bedeutet, dass die
Initiatoren der Medienfonds die Investoren aktiv beteiligen müssen. Das gilt „insbesondere für die Auswahl des
Filmstoffs, des Drehbuchs, die Besetzung, die Kalkulation der anfallenden
Kosten, den Drehplan und die Finanzierung“. Die Möglichkeit zur Einflussnahme
muss sich „zeitlich über die Phase vor Beginn der Dreharbeiten, die
Dreharbeiten selbst und die Phase nach Abschluss der Dreharbeiten
(Post-Produktion) erstrecken“. Auf diese Weise soll
erreicht werden, dass nur diejenigen steuerliche Vorteile erlangen können, die
auch aktiv am Herstellungsprozess von Filmen beteiligt sind
(Herstellergarantie).
Ü
Kulturministerin setzt auf Entgegenkommen
Doch
auch nach dem jüngsten Medienerlass hat die Investmentbranche eine Lösung
parat: Die Anbieter legen Fonds auf, bei denen Investoren ihre so genannte
Herstellereigenschaft an Beiräte delegieren. Grundsätzlich
behalten Filmfonds also ihre steuerrechtlichen Privilegien. Einige
Fondsanbieter haben sich außerdem eine andere Strategie ausgedacht, um die verschärften
Regeln des zweiten Medienerlasses zu umgehen. So sollen die Anleger des
aktuellen Fonds namens „Media Stream“ nicht mehr in die Produktion, sondern nur
noch in die Vermarktung von Filmen investieren.
Kulturministerin Christina Weiss hofft inzwischen
auf ein freiwilliges Entgegenkommen der Branche und möchte sie zu einer
Selbstverpflichtung bewegen. Inhalt dieses Treueschwurs soll sein, dass künftig
nicht mehr nur 5 bis 10 Prozent des Fondskapitals in deutsche Produktionen
fließen, sondern deutlich mehr.
Ü Siehe auch
folgende Artikel: 1 Umsatzrückgang an den Kinokassen
1 Filmförderung
erreicht Rekord-Niveau