Warner Music an Bronfman-Group verkauft
Time Warner steigt für 2,6 Milliarden Dollar komplett
aus Musikgeschäft aus
Von Dr. Matthias Kurp, 24.11.2003
Der US-Medienkonzern
Time Warner verkauft seine Musiksparte an eine Investorengruppe um den früheren
Seagram-Chef Edgar Bronfman (Bronfman-Group). Der Kaufpreis beträgt 2,6
Milliarden Dollar (etwa 2,2 Milliarden Euro). Warner Music war im vergangenen
Jahr, gemessen am Umsatz, das drittgrößte Tonträgerunternehmen der Welt.
Warner-Konkurrent EMI war zuvor aus dem Bieterverfahren ausgestiegen.
Vor drei Wochen erst hatten die Bertelsmann Music Group (BMG)und Sony Music die Fusion ihrer Plattenlabel angekündigt (vgl. Artikel 4 Bertelsmann & Sony vereinen Musik-Label). Jetzt reagierte der größte Medienkonzern der Welt auf die sinkenden Gewinnmargen der von Online-Tauschbörsen arg gebeutelten Musikindustrie, indem er sich kurzerhand komplett von dem Geschäft mit den Hits von Madonna & Co. trennte.
Ü
Bronfman schlug EMI aus dem Rennen
Im Jahr 2000 hatte Bronfman die von ihm zum weltweit größten Musikkonzern aufgebaute Universal Music an den französischen Vivendi-Konzern verkauft. Nun meldet er sich im Mediengeschäft zurück. Zu den weiteren Investoren zählen mit Thomas H. Lee Partners, Bain Capital und Providence Equity Partners drei Geldanlage-Spezialisten, die sich im August auch an der von Haim Saban initiierten Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG beteiligten (vgl. Artikel 4 ProSiebenSat.1 Media AG geht doch an Saban). Ein weiterer Investor ist Jr.'s Lexa Partners, ein Risikokapital-Unternehmen, dessen Chief Executive Officer Bronfman ist. Die Transaktion wird mit Hilfe der Bank of America, der Deutschen Bank, Lehman Brothers und Merrill Lynch realisiert.
Time Warner ist zurzeit mit etwa 24 Milliarden Dollar verschuldet und deshalb dringend auf den Verkaufserlös angewiesen. Ausschlaggebend für die Entscheidung zugunsten der Bronfman-Group dürfte deshalb der im Vergleich zum EMI-Angebot höhere Preis gewesen sein. Wichtig ist aber auch die Tatsache, dass eine Übernahme von Warner Music durch einen anderen der großen Music-Player wahrscheinlich an kartellrechtlichen Hürden gescheitert wäre. Schließlich teilen die fünf größten Musikkonzerne der Welt inzwischen 75 Prozent des globalen Tonträgermarktes unter sich auf (6 siehe Tabelle).
Ü
Branchen-Riesen behaupten 75 Prozent des Marktes
|
Marktanteil
2002 |
Umsatz |
Ergebnis 2002 |
Universal Music |
25,9% |
6,3 Mrd. $ |
+ 556 Mio. $ |
Sony Music |
15,6% |
4,8 Mrd. $ |
– 72
Mio. $ |
EMI |
12,0% |
3,0 Mrd. $ |
+ 356 Mio. $ |
Warner Music |
11,9% |
3,6 Mrd. $ |
+ 412 Mio. $ |
BMG |
11,1% |
2,7 Mrd. $ |
+ 125 Mio. $ |
Ü
Kartellrechtliche Hürden unwahrscheinlich
Nicht zuletzt wegen kartellrechtlicher
Fragen steht auch hinter der Fusion von BMG und Sony noch immer ein
Fragezeichen. Zumindest müssen die beteiligten Unternehmen mit Auflagen der
Wettbewerbshüter rechnen. Während Sony und Bertelsmann ihre Musikverlage
ausdrücklich aus dem Geschäft ausklammerten, um die Kartellbehörden milde zu
stimmen, verkaufte Warner nun sein Tonträgergeschäft inklusive des Verlags Warner/Chappell Music, der die Rechte an
vielen Titeln der Warner-Stars hält. Das Rechte-Repertoire reicht von Madonna
bis „Happy Birthday“, „Rhapsody in Blue“ oder „Winter Wonderland“. Da Bronfman
im Musikgeschäft nur noch eine geringe Rolle spielt – seine Familie ist nach
wie vor mit etwa 3,4 Prozent der Gesellschafteranteile an der Universal Music
Group beteiligt –, dürften die Wettbewerbshüter gegen die Übernahme von Warner
Music kaum etwas einzuwenden haben.
Offenbar sicherte sich Time Warner eine Option, um eventuell drei Jahre nach dem Verkauf der Musiksparte einen 15-prozentigen Anteil mit einem kräftigen Abschlag gegenüber dem Marktwert zurückzuerhalten. Darüber hinaus dürften weitere 19,9 Prozent des Kapitals zurückgekauft werden, falls Warner Music mit einem Konkurrenten fusioniert. Bronfman, der selbst 250 Millionen Dollar in die Übernahme investiert, strebt den Chefposten von Warner Music an. Das Stammterrain von Bronfmans kanadischem Unternehmen Seagram war ursprünglich die Getränkeindustrie (u.a. Ricard, Pernod, Ramazotti), bis er 1995 das Entertainment-Unternehmen Universal übernahm, um es fünf Jahre später mit einem Transaktionswert von 34 Milliarden Dollar an Vivendi weiterzureichen (vgl. Artikel 4 Vivendi/Seagram-Fusion perfekt).
Ü
Millionen-Einsparungen durch Stellenabbau?
Zu der 1958 aus der Filmgesellschaft
Warner Brothers hervorgegangenen Warner Music Group gehören vor allem die Label
WEA, Atlantic, Elektra, Eastwest, Maverick und Sub Pop mit etwa 800 Künstlern.
Dazu gehören Stars und Gruppen wie Linkin
Park, Sean Paul, Madonna, Metallica, R.E.M., Cher, Phil Collins oder Red Hot
Chili Peppers. Für die Zeit nach der Übernahme von Warner Music durch
die Bronfman-Group sind jährliche Kosteneinsparungen von etwa 150 Millionen Dollar
geplant. Dies soll unter anderem durch einen Stellenabbau erreicht werden, berichtete
die Financial Times.
3Weitere Daten zum Musikmarkt
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