Der Pay-TV-Programmanbieter Premiere hat etwa ein Jahr nach dem Börsengang für 2005 erstmals in seiner Unternehmensgeschichte ein positives Jahres-Nettoergebnis gemeldet. Bei einem Umsatz von knapp 1,1 Milliarde Euro blieb am Ende ein Gewinn von 48,7 Millionen Euro. Das positive Ergebnis von 61 Cent pro Aktie liegt vor alle daran, dass der Umsatz mit plus 9,1 Prozent deutlich stärker stieg als die Kosten.

Premiere machte im vergangenen Jahr etwa 85 Prozent seines Umsatzes mit Programm-Abonnements („Pay per Channel“), während das Geschäft mit einzeln vermarkteten Sendeinhalten („Pay per View“) um 1,2 Millionen Euro zurückging und nur noch 2,6 Prozent des gesamten Umsatzes ausmachte. Das Premiere-Ergebnis vor Steuern, Finanzergebnis (minus 22 Mio. Euro) und Abschreibungen (Ebitda) stieg 2005 im Vergleich zu Vorjahr um 73,5 Prozent auf 137,5 Millionen Euro. Das Ergebnis nach Abschreibungen, aber vor Steuern und Finanzergebnis (Ebit) lag mit 55,9 Millionen Euro erstmals in der Unternehmensgeschichte von Premiere im positiven Bereich.

 

Bilanz-Daten

2001

2002

2003

2004

2005

Abonnenten

2,41 Mio.

2,60 Mio.

2,90 Mio.

3,25 Mio.

3,57 Mio.

Ebitda*

-775,0 Mio. €

-243,1 Mio. €

-21,2 Mio. €

+82,9 Mio. €

+137,5 Mio. €

Ergebnis

-1.279,9 Mio. €

-168,8 Mio. €

-205,4 Mio. €

-80,6 Mio.

+48,7 Mio. €

Abo-Gewinnungskosten

407 €

207 €

174 €

184 €

182 €

Umsatz pro Abonnent

260 €

248 €

260 €

286 €

295 €

* Ergebnis vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Restrukturierung

Ü 300.000 neue Abonnenten

Vier Jahre nach der Kirch-Pleite konnte das Pay-TV-Unternehmen seine Netto-Finanzverbindlichkeiten im vergangenen Jahr von 370 auf 105,8 Millionen Euro reduzieren. Die Finanzverbindlichkeiten inklusive Leasingverpflichtungen sanken um 69,5 Prozent auf 131,4 Millionen Euro (2004: 431,2 Mio. Euro). Außerdem machten der Börsengang und der Netto-Gewinn auch eine deutliche Kapitalerhöhung möglich, wodurch die Eigenkapitalquote von 32,3 auf 58,3 Prozent stieg. Premiere-Chef Georg Kofler sieht sich auf Erfolgskurs: Die Zahl der Abonnenten konnte 2005 um mehr als 300.000 auf 3,57 Millionen gesteigert werden, wobei die Hälfte dieses Wachstums aus dem Weihnachtsgeschäft resultierte. Die für den Jahres-Endspurt erforderliche Werbeoffensive sowie Rückstellungen für latente Steuerzahlungen führten allerdings dazu, dass im Schlussquartal 3,3 Millionen Euro Verlust gemacht wurden.

558 Millionen Euro Programmkosten standen bei Premiere im vergangenen Jahr fast 150 Millionen Euro Ausgaben für Werbung und Vertrieb gegenüber. Die Kosten für die Abonnentenbetreuung konnten um 15 Prozent auf 68,8 Millionen reduziert werden. Noch immer muss Premiere ernorme Summen für Werbung und Akquise neuer Kunden ausgeben. Diese Gewinnungskosten pro Neuabonnement nahmen 2005 im Vergleich zum Vorjahr um acht Euro auf 192 Euro zu. Der durchschnittliche Jahresumsatz pro Abonnent (ARPU, Average Revenue Per User) stieg im Premiere-Kerngeschäft im Jahresdurchschnitt 2005 zwar von 286 auf 295 Euro, liegt bei BskyB aber noch immer etwa doppelt so hoch.

Ü Drohende Kündigungen

Etwa jeder zehnte Haushalt leistet sich zur Zeit in Deutschland Pay-TV-Programme, wobei Pemiere in dieser Gruppe auf einen Marktanteil von ungefähr neunzig Prozent kommt. Die Kündigungsquote des Pay-TV-Marktführers, die im vergangenen Jahr von 13,6 Prozent (2004) auf 13,5 Prozent geringfügig gesenkt werden konnte, dürfte in diesem Jahr angesichts des voraussichtlichen Verlusts der Bundesliga-Rechte deutlich wachsen (4 siehe Artikel Fußball-Poker: ARD siegt, Premiere verliert). Der Aktienkurs ist deshalb in den vergangenen beiden Monaten deutlich gesunken und hat sich seit dem Börsengang auf weniger als 15 Euro halbiert. Weil der Börsenwert nur noch etwa eine Milliarde Euro beträgt, gilt Premiere bei Investment-Experten bereits als Übernahme-Kandidat. Analysten prüfen zurzeit unter anderem, ob nicht die Deutsche Telekom AG die Regie bei Premiere übernehmen könnte.

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Etwa 400.000 Premiere-Kunden haben reine Sport-Pakete abonniert. Georg Kofler fürchtet um einen Rutschbahn-Effekt, falls Premiere bei den Verhandlungen mit neuen Bundesliga-Rechteinhabern leer ausgeht und ab September 2006 Fußball-Fans die Fußballspiele anderswo gucken. Das für Ende 2007 selbst gesteckte Ziel von vier Millionen Kunden scheint ohne Bundesliga-Live-Berichte in weite Ferne gerückt. Analysten rechnen bereits mit dem Verlust von bis zu einem Drittel der Kunden, falls Premiere nicht doch noch einen Weg findet, dem neuen Rechte-Inhaber Arena einen Teil der TV-Übertragung aus den Bundesliga-Stadien abzuringen.

Ü Neue Kooperation mit DSF

Während sich Investment-Experten und Analysten angesichts der verlorenen Bundesliga-Rechte skeptisch zeigen, betont Premiere-Chef Kofler unermüdlich, dass bei der Fußball-Weltmeisterschaft alle 64 Spiele von Premiere live ausgestrahlt werden. Außerdem verfügt das Unternehmen über die Live-TV-Rechte für die Spiele der Champions League bis 2009. Darüber hinaus sicherte sich Premiere weitere Fußballrechte für Spiele aus den nationalen Ligen in England, Italien, Spanien, Frankreich, Portugal, den Niederlanden und Österreich.

Die aus dem Champions-League-Vertrag resultierenden Free-TV-Rechte (4 siehe Artikel Champions-League-Rechte für Premiere) an den Spielen der europäischen Top-Liga sollen über eine von Premiere produzierte Live-Berichterstattung abgegolten werden, die unter dem Titel „Champions TV“ beim EM.TV-Tochterunternehmen DSF zu sehen sein wird. Zu diesem Zweck haben sich beide Unternehmen auf eine dreijährige Kooperation geeinigt. Dazu heißt es in einer Premiere-Pressemitteilung: „Ab der Spielzeit 2006/2007 zeigt Champions TV an jedem Spieltag eine europäische Top-Begegnung der UEFA Champions League live und unverschlüsselt. An den 13 Spieltagen wird Champions TV ausgewählte Begegnungen aller deutscher Mannschaften und Highlights weiterer Spiele zeigen. Die endgültige Anzahl der deutschen Spiele hängt vom sportlichen Erfolg der Bundesliga-Vertreter ab.“ Premiere wird jeweils an den DSF-Werbeerlösen im Umfeld der Champions-League-Übertragungen beteiligt.

Ü Hoffnung auf HDTV

Ende Januar startete Premiere sein Angebot für hochauflösendes Fernsehen (HDTV) und will damit noch attraktiver für seine Kunden werden. Bis Mitte 2008 sollen etwa eine halbe Million Kunden geworben werden, die Pakete mit Spielfilmen und Serien (Premiere HD Film), Sport-Berichten (Premiere HD Sport) und Dokumentationen (Premiere HD Thema) abonnieren. Seit Dezember haben bereits etwa tausend Premiere-Kunden die neuen Receiver der neuen MPEG4/H.264-Generation getestet, die zurzeit von Pace (DS 810 KP) und Humax (PR-HD 1000) angeboten werden.

Damit die neuen HD-Programme möglichst rasch möglichst viele Haushalte erreichen, hat Premiere bereits Ende 2005 einen Vertrag mit der Deutschen Netz Marketing GmbH (DNMG) geschlossen. Die DNMG vertritt die Interessen von Netzbetreibern, City Carriern und Wohnungsunternehmen, die auf der Netzebene 4 mehr als sieben Millionen Haushalte mit Kabelfernsehprogrammen versorgen. Damit bis zur Fußball-WM etwa drei Millionen Kabelhaushalte HDTV-Signale empfangen können, will der Pay-TV-Pogrammanbieter an die Netzbetreiber vierzig Millionen Euro zahlen.

 

Ü Siehe auch folgende Artikel:

               1 Fußball-Poker: ARD siegt, Premiere verliert (21.12.2005)

           1 Champions-League-Rechte für Premiere (30.08.2005)

           1 Premiere lockt Anleger mit schwarzen Zahlen (01.02.2005)

           1 Zweiter Startversuch für HDTV (10.12.2004)