Nachrichten bei RTL & Co. Mangelware
ALM-Programmanalyse: weniger Talk und
Fiktionales, mehr Magazine
Von Dr. Matthias Kurp, 21.05.2003
Zum fünften Mal haben die Landesmedienanstalten sich vom Institut Göfak eine detaillierte Programmanalyse erstellen lassen. Die Trends bleiben stabil: Nachrichten und politische Themen sind die Domäne von ARD und ZDF. Die privatwirtschaftliche Konkurrenz setzt lieber auf bunte Themen. Allerdings werden immer weniger Serien und Spielfilme gezeigt. Statt dessen präsentieren RTL & Co. verstärkt (Boulevard-)Magazine. Non-fiktionales Entertainment scheint immer mehr auf dem Vormarsch.
Der Anteil fiktionaler Formate
(Spielfilme, Serien) an privatwirtschaftlichen TV-Programmen geht weiter zurück
und nähert sich immer mehr dem von ARD und ZDF. Das ist eines der zentralen
Ergebnisse der aktuellen Programmanalyse, die seit fünf Jahren regelmäßig im
Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der
Landesmedienanstalten (ALM) durchgeführt wird. Prof. Dr. Hans-Jürgen Weiß
nannte am 21. Mai bei der Präsentation neuer Daten in Düsseldorf fiktionale
Anteile zwischen 30 und 65 Prozent für die großen deutschen Vollprogramme. 1998
hatte der Potsdamer Medienforscher noch Werte ermittelt, die bis zu 15
Prozentpunkte höher lagen als bei der zuletzt vorgenommenen Programmanalyse im
vergangenen Herbst (42. Kalenderwoche), bei der zum Beispiel bei Sat.1 nur noch
etwa 25 statt mehr als 40 Prozent der Sendezeit Fiktionales ausgestrahlt wurde.
Bei Pro 7 sank der Anteil von mehr als 50 auf etwa 40 Prozent, bei Kabel 1 von
75 auf wenig mehr als 60 Prozent. ARD und ZDF bestreiten nach wie vor etwa ein
Drittel ihrer Sendezeit mit fiktionalen Stoffen.
Ü
Immer weniger Serien & Spielfilme
In dem Maße, in dem Serien und Spielfilme – meist aus Kostengründen – aus den Sendeabläufen verschwanden, haben Formate an Raum gewonnen, die Weiß unter dem Begriff der Fernsehpublizistik subsumiert. Dazu gehören sowohl Nachrichten als auch Magazine jeglicher Art. Insgesamt lag der Anteil der Fernsehpublizistik am Gesamtprogramm bei RTL 2 und Kabel 1 nur bei etwa 10 Prozent. RTL und Sat.1 bestritten in der Untersuchungswoche immerhin ein Drittel ihrer Programme mit News, Magazinen, Talkshows, Reportagen, Dokumentationen etc. Für das ZDF wurde mit etwa 55 Prozent der höchste Wert ermittelt, gefolgt von der ARD, deren Fernsehpublizistik etwas weniger als die Hälfte des Gesamtprogramms ausmachte.
Weiß und sein Potsdamer Institut
Göfak fanden heraus, dass Magazine zuletzt
– je nach Anbieter –zwischen 3 und 23 Prozent der Sendezeit füllten, wobei sich
vor allem für Pro 7 und Kabel 1 deutliche Wachstumskurven abzeichnen. So lag
Pro 7 in dieser Sparte mit etwa 17 Prozent Anteil an der Gesamtsendezeit nur
noch etwa einen Prozentpunkt hinter der ARD. Deutlicher aber bleiben die
Unterschiede im dualen Rundfunksystem im Bereich Nachrichten, die bei ARD und
ZDF mit leicht steigender Tendenz etwa 14 Prozent der Gesamtsendezeit
ausmachten. RTL und Sat.1 hingegen erreichten in dieser Kategorie nur auf etwa
4 Prozent. Bei Pro 7, RTL2, Vox und Kabel 1 betrug der News-Anteil erneut
weniger als 2 Prozent.
Ü
Politik bleibt bei Kommerz-TV Restgröße
Deutliches Profil zeigen öffentlich-rechtliche Programme vor allem bei der publizistischen Behandlung politischer Themen, die bei ARD und ZDF etwa 15 Prozent der Gesamtsendezeit ausmachten, bei RTL aber nur etwa 4 Prozent und bei Pro 7, Vox, RTL 2 sowie Kabel 1 weniger als 2 Prozent. Stark reduziert wurde bei allen Anbietern die Zahl der Talk- und Interview-Formate: Machten sie noch vor drei Jahren zum Beispiel bei RTL etwa 20 Prozent des Gesamtsendezeit aus, liegt der Talk-Anteil inzwischen bei keinem Programm mehr oberhalb von 10 Prozent und entspricht damit etwa dem von non-fiktionaler Unterhaltung in Form von Fernsehshows.
Ü Hier finden Sie eine ALM-Kurzfassung
der Studie.
Ü Siehe
auch folgende Artikel:
Politik
bei Privat-TV nur Restgröße
ARD
& ZDF bei Info-Sendungen führend
Viel
Unterhaltung, wenig Information im TV